VIVA Plus könnte durch Nickelodeon ersetzt werden

Logo: VIACOMBei der kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in Frankfurt gab man sich kämpferisch, offensiv und wohlüberlegt: Mit dem markigen Spruch „Here we go“, einem temporeichen Trailer der zuerst die Marken und Programme von Viacom und dann MTV transportierte und lautstarker Musik begann die Veranstaltung.

Und die war alles andere als spontan: So überraschte Viacom direkt mit einer neuen Website für die neue Sendergruppe. Unter www.mtv-viva.com soll es künftig die Informationen über den neuen Player im deutschen TV-Markt geben. Nur ein Indiz dafür, dass die Übernahme hinter den Kulissen überlegter geplant wurde als es den Anschein hat.. Die monatelangen Gerüchte hatten also durchaus eine Basis.

„Wir brauchen keine vier reinen Musikkanäle“

Foto: MTV/ViacomUnd so wird sich mit der Viacom-Übernahme mehr verändern als nur der Musikmarkt: Auch so manches junge deutsche Vollprogramm, allen voran ProSieben, RTL und RTL II, dürfte die Entwicklungen in den kommenden Monaten gespannt verfolgen. MTV-Deutschland-Geschäftsführerin Catherine Mühlemann machte bereits deutlich: Für mehr als zwei oder drei Musiksender sehe sie in Deutschland keine Chance. Auch MTV Netwoks International-Chef Bill Roedy argumentiert ähnlich: „Wir brauchen keine vier reinen Musikkanäle“, sagte er der Tageszeitung „Die Welt“.

Damit ist der Grundstein gelegt, die Strategie verraten. Wann immer in den kommenden Wochen oder Monaten die Einstellung und Umwandlung einer der Sender bekannt gegeben wird, dann werden Journalisten und auch Mitarbeiter sich an diese Pressekonferenz gut erinnern. Hier wurden die Weichen gestellt, die Konkurrenten gewarnt.

In Berlin und Köln stehen den Angestellten der beiden Unternehmen, die zwar zusammenwachsen sollen, aber noch nicht wissen wie, vorerst ungewisse Zeiten bevor: Angeführt von der Frage welcher Sender nun umgebaut werden soll, die sich bislang nur spekulativ beantworten lässt.

VIVA Plus als Basis für ein neues Nickelodeon?

Foto: Viacom/NickelodeonAber: Im Hause VIVA wurde auch schon seitens der bisherigen Beteiligung von Time Warner eine stärkere Ausrichtung als jugendlicher Unterhaltungssender angedacht. Darüber hinaus verfügt das Kölner Medienunternehmen mit seiner Tochter Brainpool, die u.a. Stefan Raabs „TV Total“ und die neue SAT.1-LateNight-Show „Anke Late Night“ produziert“, neben den entsprechenden Studioanlagen auch bereits über Erfahrung und Infrastruktur in der Erstellung von Entertainment-Formaten. An Brainpool wolle man dem Vernehmen nach auch unbedingt festhalten.

Dazu  verdeutlicht MTV Netwoks International-Chef Bill Roedy auch noch in Bezug auf die Marke MTV: „Musik steht für uns noch immer ganz oben - und sogar in unserem Namen.“ Sehr unwahrscheinlich also, dass man den Sender mit dem „M“ im Namen seines Images beraubt und konsequent zum Unterhaltungssender für eine junge Zielgruppe ausbaut. Wahrscheinlicher ist da schon die Variante, die Viacom Co-Präsident Tom Freston gegenüber dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" favorisiert: "Eine Möglichkeit ist, dass wir Viva Plus durch unseren Kindersender Nickelodeon ersetzen."

Veränderte Situation auch für ProSieben, RTL und Co.

Foto: DWDLEin solcher Unterhaltungssender könnte dann viele Gesichter haben. Viacom verfügt über ein gewaltiges Portfolio an Filmen, Serien und Shows. Sicher: Die Deutschlandrechte an den attraktivsten Formaten hat man in den letzten Jahren stets an deutsche Sender verkauft.

Ein direkter Angriff auf junge deutsche Vollprogramme ist also nicht zu erwarten, aber ProSieben, RTL und Co. müssen sich darauf einstellen, dass ein weiterer US-Medienkonzern selbst im deutschen Markt aktiv werden will. Time Warner hatte es bei VIVA und n-tv probiert, NBC übernahm erst vor wenigen Monaten wieder die Federführung beim deutschen Ableger NBC Europe.

Viacom kommt jetzt offenbar die Pionierrolle zu, als erstes US-Medienunternehmen in Deutschland, auch tatsächlich einen eigenen Sender aufzubauen. Übrigens: Dieter Gorny, als Gründer von VIVA der Vater des deutschen Musikfernsehens, war am Donnerstag nicht in Frankfurt. Er wird die Pressekonferenz vom Arbeitsplatz aus verfolgt haben, so wie die meisten Mitarbeiter der beiden Musiksender sicher auch. Vereint in Ungewissheit, sozusagen. Vielleicht in der Hoffnung auf einen Einspruch des Kartellamtes.