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Der Deutsche Presserat stellt eine zunehmende Sensibilität der Leser fest, die dazu führt, dass die Zahl der Beschwerden weiter ansteigt. Bis Mitte Oktober sind bereits 1500 Beschwerden beim Presserat eingegangen - bis zum Jahresende dürften noch einmal rund 100 Beschweren hinzukommen, wie der Presserat auf seiner Jahrespressekonferenz in Berlin mitteilte.

Dies sei eine weitere Steigerung um etwa 26 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damals verzeichnete der Presserat sogar eine Steigerung um 74 Prozent gegenüber der Zahl der Beschwerden im Vergleich zum Jahr 2008. Die Gründe hierfür sehen die Verantwortlichen durch die erweiterte Zuständigkeit des Presserats auch für journalistisch-redaktionelle Online-Publikationen und in der Möglichkeit, sich online über ein Beschwerdeformular beim Presserat zu beschweren.

"Die Nutzer von journalistischen Produkten - egal ob gedruckt oder im Internet - möchten offensichtlich mit den Redaktionen in Kontakt treten und über die Inhalte diskutieren", sagte Bernd Hilder, Sprecher des Presserats. "Das veränderte Nutzerverhalten, das sich in Kommentarfunktionen bei Artikeln, in der erhöhten Kommunikation via soziale Netzwerke oder Twitter widerspiegelt, führt dazu, dass die Nutzer sich in ethischen Grenzfällen auch verstärkt an uns wenden."

Dies zeige sich vor allem hinsichtlich der Sammelbeschwerden. 2009 sind zum Amoklauf in Winnenden 81 Beschwerden eingegangen, 2010 zum April-Titelbild der "Titanic" 198 und zur "Loveparade"-Berichterstattung insgesamt sogar 245. Sowohl bei den Beschwerden zur "Titanic"-Karikatur als auch bei der "Loveparade"-Berichterstattung sei deutlich zu erkennen gewesen, dass sehr viele Leser über soziale Netzwerke oder über kirchliche oder soziale Portale von der Beschwerdemöglichkeit erfahren haben und diese dann auch nutzten.

Auch wenn der Presserat in vielen Fällen nicht eingreifen könne oder viele Beschwerden auch unbegründet seien, so interpretiert der Deutsche Presserat das Bedürfnis der Leser und User klar als Dialogaufforderung an die Medien, sich mit Qualitätsstandards auseinanderzusetzen. In diesem Jahr hatte etwa die Berichterstattung von "Bild" und "Bild.de" zur "Loveparade"-Katastrophe in Duisburg für Aufsehen gesorgt. Der Presserat rügte damals das Online-Portal für die Darstellung eines Einzelschicksals, in der die Redaktion ein ungepixeltes Foto eines Opfers veröffentlichte und dazu Details der Todesumstände beschrieb. So sei unter anderem durch einen Arzt beschrieben worden, wie das Opfer starb, teilte der Deutsche Presserat damals mit.