Wer sagt, dass technische Fragen immer mehr an Relevanz gewinnen, der mag zunächst mal belächelt werden. So wie jemand, der auch nach zehn Jahren mit dem Wort Digitaliserung hantiert als hätte es noch eine gewisse Magie. Die ist sicher längst verflogen. Und doch: Die TV-Branche steht vor spannenden Zeiten, die in der Tat so technisch geprägt sind wie lange nicht. Das beginnt schon bei der Frage des Empfangsweges: Kabel, Satellit oder IPTV? Die Auswahl ist vielfältiger geworden.
Doch die Vielfalt und Entscheidungsfreiheit ist nicht immer nur ein Gewinn. Es kann den Endkonsumenten auch zögern lassen, weil Entscheidungen komplexer werden. Das Starbucks-Syndrom. So sind längst nicht alle Haushalte auf digitalen Fernsehempfang umgestiegen. Die Abschaltung des analogen Satellitenfernsehens im nächsten Jahr wird daher wie auch die zögerliche Begeisterung für HDTV zeigen, dass technische Fragen in Fachkreisen zwar schnell geklärt und schon als Standard gelten. In der Realität aber stellt die Technik die Masse der Endkonsumenten vor immer neue Fragen.
Mit neuen Schlagworten wie 3DTV im vergangenen Jahr und HbbTV bzw. Hybrid-TV in diesem Jahr verzückt die Branche bei der morgen beginnenden ANGA Cable in Köln wieder Fachbesucher. Doch wie schnell werden Trends dann auch den Endkonsumenten erreichen? Und wird der diese Trends überhaupt alle mitbekommen? Längst nicht jeder TV-Verbreitungsweg macht alles möglich. Seit die großen Privatsender mit HD+ die Nutzungsrechte der Fernsehzuschauer beschneiden, wenn es um Vorspulen oder Aufnehmen geht, erfährt der Endkonsument aus erster Hand wie dominant inzwischen technische Fragen im Fernsehgeschäft geworden sind.
Wenn über diese Themen ab morgen in Köln diskutiert wird, dann sind das handfestere Diskussionen als bei anderen Branchengipfeln. Als Fachmesse für Kabel, Breitband und Satellit ist die ANGA Cable deutlich wirtschaftlicher orientiert, was sich auch im begleitenden Kongress niederschlägt. Haben HDTV und 3DTV die nötige Marktdurchdringung schon erreicht? Wer wird von der Abschaltung des analogen Satellitensignals profitieren? Welche neuen VoD- und Hybrid-TV-Angebote buhlen um die Gunst der Zuschauer? Und wird der Mobilfunk mit LTE doch nochmal zur ernsthaften Broadcast-Konkurrenz für Kabel, Satellit und Breitband?
Wo sich Teilnehmer anderer Branchengipfel bei kreativen Fragen aus Angst vor Ideenklau zurückhalten, wo sich medienpolitische Vertreter mit immer gleichen Argumenten bekriegen, unterhält man sich auf der ANGA Cable konkreter. Wäre da nur nicht das Fach-Chinesisch mit dem sich die Branche keinen Gefallen tut. Das dürfte auch der Grund sein, warum der Kongress der ANGA Cable selbst bislang nicht in einer Reihe mit den großen Mediengipfel stand. Es ändert sich jedoch und auch DWDL.de wird ab morgen wieder ausführlich von der ANGA Cable berichten - beginnend mit dem Fernsehgipfel um 13.30 Uhr.