Unter dem Eindruck des Kino-Kassenknüllers "Avatar" stand die ANGA Cable, die Fachmesse für Kabel, Breitband und Satellit, 2010 ganz im Bann von 3D-TV. Dreidimensionales Fernsehen wurde als das ganz große Thema der Zukunft gehandelt. Wer über die Messe lief, konnte sich kaum erwehren, an mindestens einem Stand eine der Brillen übergestülpt zu bekommen und das vermeintlich so atemberaubende 3D-Erlebnis auf dem Fernseher zu testen.
Wer dieses Jahr noch einmal 3D-TV testen wollte, musste lange suchen und wurde trotzdem kaum fündig. Unitymedia hat gerade einen 3D-Demokanal gestartet und hatte dazu passend einen 3D-Fernseher an seinem Stand, die Telekom präsentierte ebenfalls ein wenig 3D-TV, sonst verlegte man sich aber allgemein darauf, beispielsweise Hybrid-TV-Lösungen vorzustellen und hielt sich in Sachen 3D merklich zurück. Vom Hype des letzten Jahres war nicht mehr viel zu spüren.
Ein Eindruck, der sich auch auf dem Panel "Hybrid-TV und 3D: Wann kommt der Massenmarkt?" bestätigte. Für einen nahen Durchbruch wollte keiner der Diskutanten so argumentieren, bei allen war vor allem von Hürden die Rede, die bislang verhindern, dass 3D im Massenmarkt ankommt. Unter anderem war es das berühmte Henne-Ei-Problem, das bemüht wurde.
Nicht nur Nicole Agudo Berbel von Discovery Networks, die Dokumentationen grundsätzlich für prädestiniert für eine 3D-Ausstrahlung hält und auf einen eigenen 24-Stunden-Kanal ihres Konzerns in den USA verwies, bemängelte etwa die geringe Anzahl an 3D-Geräten. 150.000 bis 200.000 seien bislang verkauft worden - wobei hier noch einmal die Frage erlaubt sein muss, wieviele davon wirklich an Endkonsumenten gingen. Auch ZDF-Produktionsdirektor Andreas Bereczky betonte, dass angesichts der sehr überschaubaren Anzahl an 3D-Geräten der Druck, Gebührengelder für 3D-Fernsehen auszugeben, doch sehr überschaubar sei. Zumal es noch nicht einmal einen normierten Standard gebe, auf den sich alle offiziell geeinigt hätten.
Gerhard Schaas von der Loewe AG gab im Gegenzug allerdings zu bedenken, dass es natürlich schwierig sei, den Kunden 3D-Fernseher schmackhaft zu machen, wenn diese dafür zwar mehr Geld ausgeben müssen, allerdings derzeit kaum entsprechende Inhalte bekommen. Vor dem gleichen Problem stand man lange Zeit auch beim Thema HDTV. Nun befindet man sich hier gerade in der Umstellung, die für die Sender nicht gerade billig kommt. Die Bereitschaft, noch einmal in Vorleistung zu gehen und massenhaft noch deutlich teurere 3D-Inhalte zu produzieren, die kaum jemand empfangen kann, dürfte bei den TV-Unternehmen nicht allzu ausgeprägt sein. "Wer soll das bezahlen?" war dann auch die Frage, die Stefan Liebig von MTV Networks in den Raum warf.
Und noch etwas spricht nach der Meinung der meisten Panel-Teilnehmer derzeit gegen einen 3D-Durchbruch: Die nicht ausgereifte Technik. Kaum jemand, so die vorherrschende Meinung, wolle sich von wenigen Einzelevents mal abgesehen mit einer 3D-Brille vor den Fernseher setzen. Erst wenn es bezahlbare TV-Geräte gebe, die das 3D-Erlebnis auch ohne Brille ermöglichten, werde die Technik wirklich interessant. Wann diese allerdings massentauglich sind, wollte auch Gerhard Schaas vom Hersteller Loewe nicht prognostizieren. Derzeit hätten diese nämlich ganz entscheidende Nachteile: So werde die Bildqualität werde durch die nötige Technik beeinträchtigt. Und vor allem: Für die Produktion seien noch einmal deutlich mehr Kameras nötig als für das derzeit vorherrschende stereokopische Verfahren, das für die Erzeugung des räumlichen Effekts benutzt wird.
Womit wir wieder beim Thema wären: Wer soll das bezahlen? Zumal 3D-Fernsehen wohl kaum das zweidimensionale Fernsehen gänzlich ablösen würde. Und das bedeutet: Künftig müsste immer sowohl in 2D als auch in 3D produziert werden, was den Aufwand weiter in die Höhe treiben würde, wie Andreas Bereczky vom ZDF zu bedenken gab. Zudem seien auch auf Übertragungsseite zwei Kanäle zur Ausspielung an die Zuschauer nötig. Je länger man der Diskussion zuhörte, desto weniger wollte man daran glauben, dass 3D-TV über Eventkanäle vornehmlich im Pay-TV hinaus auf absehbare Zeit tatsächlich den Durchbruch schaffen wird.
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