Als "Anne Will" im Herbst 2007 mit ihrem Polittalk am Sonntagabend die Nachfolge von Sabine Christiansen antrat, da war sie nur zweite Wahl - denn Wunschkandidat Günther Jauch hatte zuvor entnervt von den "Gremlins" der ARD überraschend abgesagt. Im vergangenen Jahr wurde sich die ARD dann doch noch mit Jauch einig - und Anne Will wurde der exponierte Sendeplatz am Sonntagabend kurzerhand wieder weggenommen. Erst nach langem Hin und Her war schließlich klar: Sie darf künftig am späten Mittwochabend ran.

Doch Anne Will hat sich mit dieser Degradierung arrangiert, wie sie in einem Interview mit dem "Tagesspiegel" sagt. "Ich sehe das ohne Bitterkeit", so Will. "Was soll ich groß rumjammern? Wir haben uns lieber zusammengesetzt und überlegt: Wozu haben wir Lust, was für eine Sendung wollen wir am liebsten machen? Jetzt haben wir einen schönen Sendeplatz und ein schönes Konzept. Da wären wir doch bescheuert, wenn wir uns ständig im Zorn umdrehen würden. Und kindisch wäre es außerdem." Ihr sei zudem auch wichtig gewesen, ihr Team weiterbeschäftigen zu können. "Also hieß es für uns: Mund abwischen, weiter machen."

 

 

Im neuen Sendeplatz mittwochs um 22:45 Uhr erkennt sie sogar Vorteile. "Ich glaube, dass mir der Talk am Mittwochabend sehr viel mehr Freiheiten lassen wird, als es am Sonntag möglich war." Sie fühle sich "tatsächlich gerade sehr frei". Das sei in den letzten vier Jahren nicht immer so gewesen. "Da war ich nicht durchgängig fröhlich", so Anne Will. "Momente der Verzweiflung" habe es aber nicht gegeben, auch nicht in den ersten Wochen, als es noch nicht so gut lief. Jedoch räumte sie ein, dass sie anfangs auch ihren "eigenen Ansprüchen nicht immer gerecht werden konnte. Nach einer Weile war das Schlimmste dann aber überstanden, und quotenmäßig ging es ja ohnehin nur noch bergauf."

Die Frage, wie sie diese neue Freiheit am Mittwochabend nutzen wird, beantwortet Anne Will einstweilen noch recht schwammig. "Es wird nicht einfach 'Anne Will' in länger sein. Wir werden zum Beispiel mehr Zeit für Intensität haben", so Will. Man werde "nicht mehr so der Aktualität hinterherhecheln müssen" wie am Sonntag. Das schaffe die Möglichkeit, andere Themen als bisher zu behandeln und intensivere Gespräche zu führen. Aufgrund der späteren Uhrzeit werde man einen leichteren oder persönlicheren Ton anschlagen und mehr unterhalten müssen. Auf keinen Fall werde man aber "die Grundsätze der Quantenphysik" diskutieren - was wohl auch als Replik auf ein Interview des damaligen ARD-Vorsitzenden Peter Boudgoust zu verstehen ist, der Anne Will im Sommer vergangenen Jahres öffentlich einen Schwenk auf Wissenschaftsthemen nahegelegt hatte.

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