Für gewöhnlich wird gerne auf das Fernsehprogramm geschimpft - und darüber, dass viele Formate, die hierzulande über die Bildschirme flimmern, ursprünglich gar nicht aus Deutschland stammen. Von fehlender Kreativität ist in diesem Zusammenhang häufig die Rede. Dass es auch anders geht, will ZDFneo nun unter Beweis stellen. In diesen Tagen startet der Sender sein "TVLab" und will letztlich die Zuschauer über künftige Fernsehformate abstimmen lassen.

Zwischen dem 27. August und 3. September zeigt ZDFneo insgesamt zehn Formate, die von deutschen Produzenten speziell für das "TVLab" entwickelt worden sind - Adaptionen oder Kopien sind dabei nicht erlaubt. Die Resonanz von Seiten der Produzenten sei sehr positiv gewesen, so "TVLab"-Projektleiter Frank Zervos. Und das, obwohl sich die Produzenten zu einem wesentlichen Anteil auch finanziell an den Piloten beteiligen mussten.

Anfang des Jahres ist ZDFneo auf ein entsprechendes europäisches Projekt der EBU aufmerksam geworden. "Da wir ohnehin ein ähnliches Projekt geplant hatten, war es wie gemacht für uns", sagt Zervos. Dadurch ist es nun möglich, im Rahmen des "Eurovision TV Lab" zusätzlich noch Programme von internationalen Partnerkanälen zu zeigen, wie etwa die niederländische Dokusoap "Fuck the Parents", in der Eltern auf ihre Vorurteile überprüft werden, die sie aufgrund von Äußerlichkeiten gegenüber den neuen Lebenspartnern ihrer Kinder haben könnten.

Für das "TVLab" von ZDFneo hat es insgesamt 91 Formatideen gegeben, von denen es nun also zehn Piloten ins Fernsehen schaffen werden. Darunter befinden sich fünf Magazine, eine Show, drei Comedy-Formate und eine Krimiserie. "Angst habe ich, wenn die Fiction gewinnt - dann haben wir ein Finanzierungsproblem", scherzte ZDFneo-Chef Norbert Himmler am Montag auf der "TVLab"-Vorstellung in Köln und blickte dabei nach links. Dort saß der künftige ZDF-Intendant Thomas Bellut. Darüber, welches Format bei ZDFneo in Serie gehen soll, entscheiden allerdings ohnehin die Zuschauer.

Die Gewinner werden am Samstag, den 3. September nachmittags online feststehen - ab 22:30 Uhr feiern Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf den Sieger und zeigen ihn im Anschluss noch einmal. "Danach werden wir uns mit dem Produzenten zusammensetzen, um über die Fortsetzung des Formats zu sprechen", so Zervos über den weiteren Ablauf. Der "TVLab"-Leiter erhofft sich nicht zuletzt auch eine rege Teilnahme der Zuschauer an den Diskussionen auf den entsprechenden Online-Plattformen. Denn: Die Formate sollen nicht nur auf ZDFneo verbreitet werden, sondern auch über Facebook, Twitter und YouTube.

"Außerdem haben wir für den 'TVLab'-Blog viele prominente und hochkarätige Gast-Autoren eingeladen. Wir hoffen sehr, dass eine Debatte über gutes Fernsehen entsteht, aus der wir als Macher nur dazu lernen können." Die größte Herausforderung war jedoch die kurze Vorbereitungszeit, sagt Frank Zervos. "Das ist schon ein Riesen-Projekt. Wenn man bedenkt, dass wir erst die Ausschreibung aufgeben, danach den Auswahlprozess, die Verhandlungen und das Wichtigste - die Vorbereitungs- und Produktionsphase stemmen mussten."

Der niederländische Partner Ned3 veranstaltet sein "TVLab" übrigens bereits im dritten Jahr in Folge. "Von ihnen konnten wir dementsprechend viel lernen", so Zervos. Ned3 und ZDFneo seien die einzigen beiden Sender, die eine ganze Woche veranstalten - die Niederländer zeigen in dieser Zeit sogar gleich 17 Formate. Unterschiede zu deutschen Formaten lassen sich aber aufgrund des bis zuletzt herrschenden Zeitdrucks derzeit nur schwer feststellen. "Wenn man allerdings die Piloten der letzten beiden Jahre aus Holland anschaut, wird deutlich, wie unkompliziert und ohne jede Scheu und Vorurteil die Holländer an ihre Fernsehformate herangehen." Bleibt zu hoffen, dass das auch für den deutschen "TVLab"-Ableger gelten wird.

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