In der "Leipziger Volkszeitung" rechnet man damit, dass das gesamte Ausmaß der Affäre womöglich noch nicht bekannt ist: "Vielleicht hat Christian Wulff auch mit noch Schlimmerem bei 'Bild' gerechnet - und es wurde dann zunächst doch nur eine lästige Kreditaffäre publik? Es hat sich gezeigt, dass die Popularität des Amtes, der Glanz seiner Gattin, die Sehnsucht vieler Bundesbürger nach einem erklärenden ruhenden Pol, ein Präsidenten-Paar nicht immunisiert. Dabei kann es ganz einfach sein: Manches macht man nicht. Wir brauchen einen Bundespräsidenten, der weiß, was wichtig ist, und der relativ instinktsicher agiert. So wie jetzt geht es nicht weiter."
Ulf Poschardt fragt in der "Welt", welches Menschenbild ein Bundespräsident haben müsse, "der ernsthaft glaubt, missliebige Journalisten könnten von der Suche nach der Wahrheit durch Intervention des Präsidenten vom Chef gebremst werden". Wer so denke und handle, interessiere sich nicht sonderlich für die Meinungsfreiheit. Und weiter: "Er missachtet die Regeln der offenen Bürgergesellschaft, die sich nicht auf eine respektlose Hackordnung und Ansagen von oben reduzieren lässt. Wulff scheint in der kleinbürgerlichen Welt eines 'Strombergs' zu leben – nicht in der des souveränen Bürgers, der die Würde der anderen für ebenso unantastbar hält wie seine eigene und der sich dementsprechend verhält. Für das Amt des Bundespräsidenten geeignet erscheint im Idealfall nur der Politiker, dessen natürliche Autorität der wuchtigen Aura dieses Amtes gerecht wird. Davon kann bei Christian Wulff nicht die Rede sein."
Stefan Niggemeier erinnert sich in seinem Artikel bei "Spiegel Online" an ein Zitat von Mathias Döpfner: "Wer mit der 'Bild'-Zeitung 'im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten', hat Springer-Chef Mathias Döpfner vor fünf Jahren gesagt. Das bedeutet: So sehr die 'Bild'-Zeitung ihren Teil dazu beigetragen hat, dass Wulff ganz oben angekommen ist, so sehr trägt sie nun ihren Teil dazu bei, dass er wieder unten ankommt. Dem Blatt zu drohen, wie es Wulff getan hat, ist dabei mit Sicherheit die schlechteste Strategie."
Unter der Überschrift "Das war's, Herr Bundespräsident" schreibt Ludwig Greven bei "Zeit Online", dass der Anruf bei Diekmann zeige, wie Wulff wirklich ticke: "Er versuchte, eine Berichterstattung zu verhindern, in der es um Verfehlungen ging, die er später immerhin selbst einräumte. Er drohte mit einem Strafantrag, obwohl die Fakten der Kreditgeschichte stimmten. Und das Absurdeste: Er hinterließ all dies auf Diekmanns Mailbox. Nicht einmal ein zorniger, tumber Dorfschultheiß sollte sich so verhalten, ein Bundespräsident schon gar nicht. Wulff ist offensichtlich ein Mensch, der ein gestörtes Verhältnis zu eigenen Fehlern und damit zur Wahrheit hat. Ein solcher Charakter in diesem Amt schadet dem Land." Seine Forderung: "Er sollte daher, wenn er diesen Schaden abwenden will, wie er es geschworen hat, einsehen, dass seine Stunde geschlagen hat – und gehen."
Armin Käfer von der "Stuttgarter Zeitung" sieht Wullf "in Nöten" und kann das Verhalten des Bundespräsidenten nicht nachvollziehen. "Sein Krisenmanagement ist stümperhaft, ja geradezu katastrophal. Es offenbart zudem ein höchst problematisches Amtsverständnis." Weiter schreibt er: "Wie verträgt sich dieses unpräsidiale Gebaren mit der Würde des höchsten Staatsamtes? Von Souveränität kündet es jedenfalls nicht. Auch nicht von Respekt vor dem Grundrecht auf Pressefreiheit. Die Kanzlerin wollte einen Politiker an der Spitze des Staates. Jetzt hat sie einen, der sich so benimmt, wie es Politikern gemeinhin unterstellt wird."
Bei der "Lausitzer Rundschau" wähnt man sich gar in Italien: "Wenn dieser Mann sagt, draußen scheine die Sonne und es sei warm, schaut man besser selbst noch mal nach. Es kann auch sein, er meint den Heizstrahler. Aber nun das. Ein ganz persönlicher präsidialer Wutanruf auf den Anrufbeantworter des Bild-Chefredakteurs, Drohungen mit dem Rechtsanwalt und mit dem medialen Bruch, falls die Kredit-Story veröffentlicht werde - das ist, sorry, auf Niveau Berlusconi. Das ist unterste Schublade, jedenfalls in Deutschland und für dieses Amt."