Schon am Dienstag war nach wochenlangen Spekulationen durchgesickert, dass der Vorstand von Gruner + Jahr den Daumen über der chronisch defizitären Wirtschaftszeitung "Financial Times Deutschland" gesenkt hatte und das Blatt offenbar will. Abgesegnet werden musste das allerdings noch durch den Aufsichtsrat, der nun am Mittwoch bis in den Abend tagte. Dieser gab dem Vorstand wie erwartet freie Hand bei der "Financial Times Deutschland" sowie den übrigen Titeln der G+J-Wirtschaftspresse, von denen "Börse Online" und "Impulse" verkauft werden sollen. Und doch steht eine klare Entscheidung aus dem Hause Gruner + Jahr weiterhin aus.

Unternehmenssprecher Schrack sagte gegenüber "Spiegel Online": "Richtig ist, dass der G+J-Aufsichtsrat heute den G+J-Vorstand in seiner Aufsichtsratssitzung ermächtigt hat, einen Verkauf, Teilschließung oder Schließung der G+J-Wirtschaftsmedien vorzunehmen." Aktuell würden allerdings noch "letzte Gespräche zu einem potentiellen Verkauf der "FTD" laufen, daher sei ein endgültiger Beschluss des Vorstandes noch nicht gefasst.

Dass sich tatsächlich ein Käufer für das seit zwölfeinhalb Jahren stets defizitäre Blatt findet, der die "FTD" in der bisherigen Form weiterführen würde, gilt aber als unwahrscheinlich. Interessant dürfte für Käufer allenfalls die Abonnenten-Kartei sein, die immerhin noch über 41.000 Namen umfasst. Als wahrscheinlicher gilt nach wie vor aber die komplette Einstellung der "FTD". Die "FAZ" berichtet, dass die letzte Ausgabe dann schon am 7. Dezember erscheinen könnte.

320 der 350 Stellen bei den Gruner+Jahr-Wirtschaftsmedien würden in dem Fall wohl gestrichen, da sich der Verlag wie erwähnt auch von "Börse Online" und "Impulse" trennen und allein "Capital" fortführen will. Die Kündigungen würden Ende Januar wirksam. Billig würde aber auch diese Radikalkur für Gruner + Jahr nicht: 40 Millionen Euro veranschlagt das Unternehmen Berichten zufolge für den Sozialplan.

Bei den Gewerkschaften DJV und Verdi stieß die Entscheidung auf scharfe Kritik. Verdi-Vizechef Frank Werneke: "Gruner + Jahr ist ein profitabler Verlagskonzern. Die Entscheidung gegen den Großteil der Wirtschaftsmedien ist keine Entscheidung aus der Not heraus, sondern eine Entscheidung gegen qualitativ hochwertige journalistische Produkte. Das Ausmaß dieses Kahlschlags sucht in der deutschen Verlagslandschaft seinesgleichen." Der DJV-Bundesvorsitzende Konken ergänzte: "Die Schaffung von Alternativarbeitsplätzen für die Betroffenen muss oberste Priorität haben. Wo das nicht möglich ist, erwarten wir von Gruner + Jahr Lösungen, die deutlich über den üblichen Sozialplankonditionen liegen."