Nach zwei Jahren wird WDR-Intendantin Monika Piel zum Jahreswechsel ihr Amt als ARD-Vorsitzende turnusgemäß beenden. Kurz vor der Übergabe an ihren NDR-Kollegen Lutz Marmor hat Piel nun dem "Stern" ein großes Interview gegeben, in dem sie klar zum Ausdruck bringt, nicht undankbar darüber zu sein, sich fortan wieder voll und ganz auf den WDR konzentrieren zu können. "Ich moderiere neun Landesrundfunkanstalten, und ich muss Entscheidungen nach außen hin vertreten, die intern vielleicht gar nicht meine Stimme hatten. Das ist keine dankbare Rolle", sagte Piel, die in dem Interview mit Kritik nicht spärlich umgeht.

Mitunter wirkt es beinahe so, als rede sich die ARD-Vorsitzende ihren Frust von der Seele. Ihr Lob in Richtung Günther Jauch wirkt fast ein wenig vergiftet, wenn sie sagt: "Ich habe von ihm weder erwartet noch erwünscht, dass er einen harten Info-Journalismus macht. Seine Art passt für mich, aus als Zuschauerin, gut zum Sonntagabend. Da habe ich keine Lust auf Konfrontation." Auf die Frage, ob sie als WDR-Chefin ihre beiden Sendungen "Hart aber fair" und "Menschen bei Maischberger" im Falle einer Reduzierung der Talkschiene behalten wolle, gibt Piel knapp, aber bestimmt zu Protokoll: "Davon können Sie fest ausgehen."

Doch auch Jauchs Kollege Thomas Gottschalk, der im Frühjahr mit seiner Vorabend-Show beispiellos im Ersten gescheitert ist, bekommt sein Fett weg. "Er hat vielleicht unterschätzt, dass man sich in einer so kurzen Sendung viel weniger ausleben kann als in einer großer Samstagabendshow", so Piel im "Stern". "Eine Kurzstrecke erfordert sehr viel Disziplin." Und die scheint Gottschalk eben nicht gehabt zu haben - so schwingt es jedenfalls zwischen den Zeilen mit. Ein Erfolg wäre "Gottschalk Live" nach Piels Meinung aber ohnehin nicht mehr geworden. "Selbst wenn die Sendung perfekt produziert worden wäre, wäre sie beim Publikum nicht angekommen."

Doch trotz seines Ausflugs zu RTL will die WDR-Intendantin den einstigen "Wetten, dass..?"-Mann nicht einfach so ziehen lassen. "Wir reden mit ihm über konkrete Pläne. Er soll wieder auf die Samstagabendbühne." Eine Rückkehr von Harald Schmidt, der inzwischen vor wenigen Zuschauern bei Sky sendet, wird es dagegen wohl nicht geben. Dessen Show habe "über die Jahre etwas Routinehaftes bekommen", so Piel. "Sie ist nicht mehr interessant genug." Dass Schmidt immer wieder gegen sie stänkert, führt sie auf seine Rolle als Dirty Harry zurück. Zudem habe einst gar nicht Schmidt gekündigt. "Wir waren das. Wir haben ihm aber bei der Kommunikation den Vortritt gelassen."

Aber nicht nur die Gesichter auf dem Schirm werden im "Stern"-Interview von Monika Piel mal mehr, mal weniger offen kritisiert. Auch vor den Chefredakteuren macht die scheidende ARD-Vorsitzende nicht Halt. Derzeit habe man zu viele Moderatoren im Einsatz, sagte Piel und ergänzte: "Jeder Chefredakteur eines Senders möchte auf den Schirm." Etwas versteckt gibt es auch Kritik an den Kollegen vom NDR. Zur Verpflichtung von Til Schweiger als "Tatort"-Kommissar sagt Piel: "Das hat der NDR ohne mich entschieden. Und nun will ich den NDR nicht belehren, ob ich diese Personalie gut finde oder nicht."

Bei aller Kritik ist es fast schon eine Randnotiz, dass sie den Wunsch eines komplett neuen Vorabendprogramms im Ersten äußert. "Ich persönlich würde zwischen 18 und 20 Uhr auf ein Kontrastprogramm setzen, auf Dokumentarfilme und Wissenssendungen." Sie selbst will sich nun aber erst mal für einen öffentlich-rechtlichen Kanal stark machen, der die 14- bis 29-Jährigen im Blick hat. "Wenn wir den politischen Auftrag bekommen, sollten wir das machen, zusammen mit dem ZDF." Die Zahl der Digitalkanäle soll dagegen reduziert werden. "Wir haben kapiert, dass wir Prioritäten setzen müssen", so die WDR-Intendantin, die sich zugleich mehr Frauen an den Senderspitzen wünschen würde - und ganz nebenbei gegen so manchen Intendanten-Kollegen schießt: "Viele Frauen wollen keine Pfauenräder schlagen. Es geht ihnen nicht um den Redeanteil in Sitzungen. Wenn es weniger um Machtfragen ginge, würde es bei der ARD etwas zügiger laufen."