von RTL II nach Andorfer: Weniger "Pampers-Programme"?
Während die RTL Group dem bisherigen RTL II-Chef Andorfer die zunehmende Abkopplung und Eigenständigkeit auch bei der Vermarktung der Werbezeiten verübelten, lag das Ärgernis und der Beweggrund zum Rausschmiss Andorfers für den weiteren RTL II-Gesellschafter Herbert Kloiber woanders, wie dieser schon im Vorfeld gerne öffentlich bekundete. Der Chef der Tele München-Gruppe und damit Besitzer eines der größten deutschen Film- und Serienarchive, wollte bei RTL II mehr seiner Programme sehen.
Deswegen verwundert es nicht, wenn er nach der gefällten Entscheidung über das Ende der Ära Andorfer bei RTL II nicht lange braucht, um sich mit seinen Wünschen an das neue RTL II-Programm unter Interimschef Jochen Starke zu Wort zu melden. Laut "Financial Times Deutschland" (FTD) wünscht er sich eine Korrektur bei der Ausrichtung des Senders und wird dabei auch etwas konkreter. "Wir wollen etwas weniger Pampers-Programme und etwas mehr Fiktionales", so Kloiber nach der Gesellschafterversammlung am Dienstagnachmittag.
Kloiber: Mehr Sendeplätze für seine Filme und Serien
In diesem Wunsch sieht er allerdings keine "Riesenkorrekturen", hält es eher für Änderungen im Detail. Im Vorfeld allerdings reklamierte der Filmhändler bereits mehrfach mehr Sendeplätze für fiktionale Programme aus seinem Archiv. Dabei dachte Kloiber sicher nicht an nachmittägliche oder nächtliche Ausstrahlungen, so dass sein Wunsch Änderungen in den PrimeTime-Programmierungen bedeuten würden. Zumal dies auch die Stunden sind, in denen RTL II bisher am deutlichsten auf DokuSoaps wie "Mamma Mia - Die ersten Babyjahre" oder "Schnulleralarm" setzte, auf die Kloibers Äusserung anspielt.
An der jungen und trendlastigen Programmierung, die Andorfer bei RTL II einführte, will Kloiber allerdngs im Kern nichts ändern und damit den RTL II-Verantwortlichen offenbar auch künftig die Möglichkeit geben, dass von Ihnen so gerne beschworene "Trendsetting @ RTL II" bei Pressekonferenzen und in Pressemitteilungen zu verbreiten. Auf Dauer wünscht Kloiber sich einen stabilen Zielgruppen-Marktanteil von über sieben Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen.
RTL II: Streiten sich jetzt die Gesellschafter?
Nach dem Rausschmiss Andorfers ist das eigentliche Problem bei RTL II noch nicht gelöst. Die unterschiedlichen Beweggründe für den Wechsel an der Spitze werden jetzt besonders offensichtlich. Während sich Kloiber laut "FTD" nach eigenen Angaben mit dem Bauer Verlag, dem dritten Gesellschafter bei RTL II, einig ist, dass RTL II "nicht in die RTL-Familie integriert" wird, wünscht sich die RTL-Group gerade dieses.
Besonders verärgert dürfte RTL Group-Chef Gerhard Zeiler immer noch darüber sein, dass Andorfer mit seinem Sender vor gut einem Jahr aus der Werbezeitenvermarktung bei IP Deutschland ausgestiegen ist und den Werbezeiten-Verkauf mit El Cartel Media seitdem auf eigene Faust probiert. Rückenwind für eine Rückkehr von RTL II in das Portfolio von IP Deutschland, bekommt Zeiler von angeblichen Problemen bei der RTL II-Eigenvermarktung. Herbert Kloiber allerdings widerspricht dem Wunsch der RTL Group deutlich und will die Werbezeitenvermarktung von RTL II laut "FTD" auch künftig unabhängig vom Hause RTL gestalten.
Am Tag nach dem Rausschmiss Andorfers rührt sich Widerstand gegen die Entscheidung, ausgerechnet vom kleinsten Mitgesellschafter des Senders, dem Burda-Verlag. Der Verlag bereitet laut Presseberichten eine Anfechtungsklage beim Landgericht München vor und will über diesen Weg die Absetzung Andorfers als nichtig erklären lassen.
