Nachdem RTL im vorigen Jahr mit "DSDS Kids" sein Glück versuchte, zieht Sat.1 ab dieser Woche nun mit "The Voice Kids" nach. Die Medieninitiative "Schau hin!" hat sich im Vorfeld des Starts nun gegen Formate dieser Art ausgesprochen. "Kinder müssen sich gemäß ihren geistigen, moralischen und körperlichen Fähigkeiten altersgerecht entwickeln können. Ihr Erlebensraum, in dem sie ihre Erfahrungen machen und verarbeiten können, sind die Familie, der Kindergarten bzw. die Schule und ihre Nachbarschaft, nicht die komplexe und komplizierte Welt der Medien und des Medienkommerzes, sagte Bernd Schorb, Universitätsprofessor für Medienpädagogik und Weiterbildung der Universität Leipzig und "Schau hin!"-Beiratsmitglied.
"Einzuschätzen, was es heißt, öffentlich zur Schau gestellt und vermarktet zu werden, überfordert Kinder", so sein Urteil. Bei Formaten wie "The Voice Kids" und "DSDS Kids" würden Kinder als mediale Objekte vermarktet. "Das ist bedenklich und höchst problematisch, wenn der Wunsch der Kinder hier in die falsche Richtung gelenkt wird." Dass Kinder Shows dieser Art gerne sehen würde, sei aber verständlich. "Denn das Betrachten der eigenen Generation verspricht Anregung, Schadenfreude, vielleicht auch Sensation und wahrscheinlich auch Gesprächsstoff im Freundeskreis." Den Eltern rät Schorb, sich Sendungen dieser Art am ehesten gemeinsam mit ihren Kindern anzusehen.
Der Großteil der an der Show teilnehmenden Kinder werde notwendigerweise eine Enttäuschung erleben. "Es ist gerade für Kinder nicht leicht zu verkraften, öffentlich als Verlierer dargestellt zu werden", betonte Schorb. "Es ist eine falsche Erziehungsmethode mit Kindern moralisch negativ umzugehen, also sie zu beschimpfen und bloßzustellen. Eine Castingshow wie 'The Voice' oder 'DSDS' für Kinder sind Formate, die zu einem traumatischen Erlebnis führen können, welches sie dann über die Zeit und die Sendung hinaus verfolgt." Sat.1-Juror Tim Bendzko verteidigte gegenüber "DerWesten" dagegen das Format. Man suggeriere nicht die große Welt-Karriere. "Wir achten sehr genau darauf, ob ein Kind hier ist, weil es Spaß haben will oder weil 'Eiskunstlaufeltern' dahinter stehen. Andernfalls hätten ich und vermutlich auch die anderen Coaches nicht mitgemacht."
Für Sat.1 ist der Ableger der erfolgreichen Castingshow in jedem Fall wichtig - ein Selbstläufer ist er aber ganz gewiss nicht. Diese Erfahrung musste RTL im vergangenen Jahr mit "DSDS Kids" machen, das mit knapp 18 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe zwar ordentlich startete, allerdings von Woche zu Woche weitere Zuschauer einbüßte. Das Finale wollten nicht mal 2,3 Millionen Zuschauer sehen. An eine Fortsetzung ist daher kaum zu denken.