Die Vergabe der Presseplätze beim NSU-Verfahren im Losverfahren sorgt weiterhin für Unverständnis bei den zahlreichen überregionalen Redaktionen, die leer ausgegangen sind. Nachdem die "Zeit" und die "Welt" aber kürzlich schon erklärt hatten, auf eine Klage gegen die Vergabe zu verzichten, kündigte nun auch die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" an, keine rechtlichen Schritte zu unternehmen. Zuvor hatte man explizit mitgeteilt, solche zu prüfen.

Die "FAZ" bekräftigte aber ihre Einschätzung, dass die die Sitzplatzvergabe per Losentscheid für fehlerhaft und verfassungsrechtlich bedenklich hält: "Es ist befremdlich und widersinnig, dass großen deutschen Zeitungen, die auch international verbreitet werden, die Berichterstattung aus erster Hand über diesen Prozess verwehrt bleibt." Verfassungsbeschwerde werde man dennoch nicht erheben, weil eine erfolgreiche Beschwerde "beinahe zwangsläufig eine Neuvergabe der Sitzplätze und damit eine wiederholte Verzögerung des Prozessbeginns bedeuten" würde, heißt es in einer Mitteilung. "Dies möchte die Frankfurter Allgemeine Zeitung wegen der Bedeutung dieses Strafprozesses, aus Sorge um das Bild dieses Verfahrens im Ausland und aus Respekt vor den Angehörigen der Opfer vermeiden."

Ähnlich hatte sich zuvor schon "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo geäußert. Es gebe "ein viel höheres Gut als unsere eigene Zufriedenheit, nämlich, dass die Angehörigen der Mordopfer endlich ihrem Verfahren beiwohnen können", sagte er gegenüber Bayern 2. Jan-Eric Peters von der "Welt"-Gruppe will unterdessen wegen des Präzedenz-Charakters eine spätere Klage nicht ausschließen. Das Auswahl-Verfahren habe "gravierende Mängel mit absurden Folgen offenbart", so Peters zur Begründung.

Der freie Journalist Martin Lejeune, der bei der ersten Vergabe noch einen Platz zugewiesen bekommen hatte, im Losverfahren dann aber leer ausging, hat hingegen schon Verfassungsbeschwerde eingelegt. Das Gericht könne nicht nach dem Motto verfahren "Der Herr hat es gegeben, und der Herr hat es genommen". Die Zuteilung lasse sich nicht beliebig oft mit beliebig anderem Inhalt wiederholen. Zudem sei der Sitzungssaal noch immer zu klein und werde dem Informationsrecht der Presse nicht gerecht. Eine umfangreiche Begründung von Lejeune gibt es in dessen Blog.

Auch die "taz" bekräftigte ihre Ankündigung, eine Klage einzureichen, sofern es nicht gelingen sollte, über eine Kooperation mit "über eine Kooperation mit anderen Medien ihrer Leserschaft zu garantieren, verlässlich und kontinuierlich von dem Prozess zu berichten". Der Termin des Prozessbeginns werde dadurch nicht beeinflusst, ist sich Chefredakteurin Ines Pohl sicher. Es sei wichtig, dass dieser Prozess, in dem es um sehr komplexe Fragestellungen gehe, aus möglichst vielen Perspektiven beobachtet werde. "Wenn die taz dieses Recht einfordert, dann nicht, weil, wie teilweise kritisiert wird, JournalistInnen sich mal wieder so wichtig nehmen. Sondern weil der Prozessgegenstand so wichtig ist. Der zehn Jahre währende Terror hat gezeigt, wie dringlich es ist, genau hinzuschauen", schreibt Ines Pohl im taz-Hausblog.