Während vor allem die Boulevard-Zeitungen und Online-Medien der Berichterstattung über Michael Schumacher weiterhin fast absurd viel Platz einräumen, war in der 20-Uhr-Ausgabe der "Tagesschau" am Donnerstagabend zum ersten Mal seit dem Unfall kein Bericht mehr zu sehen. In den Tagen zuvor hatte aber auch die ARD in ihren Hauptnachrichten Schumi viel Platz an prominenter Stelle eingeräumt - eine Entscheidung, die den "Tagesschau"-Machern auch einiges an Kritik eingebracht hatte. In einem Blog-Eintrag erklärte Kai Gniffke, der als Erster Chefredakteur von ARD-aktuell für die "Tagesschau" verantwortlich zeichnet, die Entscheidung.

"Das Argument, es handele sich doch 'nur' um einen von vielen hundert Skiunfällen, lasse ich nicht gelten. Wenn zwei Menschen das gleiche tun, ist es nicht das gleiche – dieser Satz gilt auch bei Nachrichten", schreibt Gniffke. Millionen Menschen würden Anteil an Schumachers Schicksal nehmen und wollten daher wissen, wie es ihm gehe. "Deshalb wäre es töricht von uns, wenn wir in diesen eher nachrichtenschwachen Tagen unsere Sendungen krampfhaft mit sogenannten B-Themen füllen würden." Auch wenn Schumacher kein Staatsmann sei, gehöre er in eine Kategorie populärer Persönlichkeiten, die eine umfangreiche Berichterstattung rechtfertigen würden.

Verstärkte Kritik hatte es in den letzten Tagen auch am großen Reporter-Auflauf vor der Klinik, in der Schumacher behandelt wird, gegeben. Ärzte hatten über die Behinderung ihrer Arbeit geklagt. Gniffke rechtfertigt, dass die "Tagesschau" Mitarbeiter vor Ort hat, räumt aber ein, dass ihm der Anblick der großen Präsenz von Reportern und Übertragungstechnik "ein ungutes Gefühl" verleihe. "Aber ich stehe dazu, dass wir vor Ort sind, denn es ist nicht verwerflich über das Schicksal von Schumacher zu berichten – es kommt auf das 'Wie' an", so Gniffke. Aus Mutmaßungen, Gerüchten und Spekulationen habe man sich bewusst herausgehalten. Am Donnerstag gab es dann erstmals seit fünf Tagen keinen Bericht, weil es keine Neuigkeiten gegeben habe. Vor dem Hintergrund des großen Interesses habe man diskutiert, ob man eine kurze Meldung mache, den Gedanken aber verworfen: "Wenn die Tagesschau keine Meldung macht, ahnen die Leute wohl, dass es nichts Neues gibt."

Mehr zum Thema