Schon häufig hat Stefan Sichermann mit seiner Satire-Website "Der Postillon" die Medien an der Nase herumgeführt. Doch diesmal sind offenbar viele seiner Leser auf ihn hereingefallen. Alles begann am frühen Donnerstagnachmittag mit einer Meldung der "Saarbrücker Zeitung", die erfahren haben wollte, dass der ehemalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla als neues Vorstandsmitglied der Deutschen Bahn im Gespräch ist. Ein pikanter Wechsel, der seither viele Kritiker auf den Plan rief - schon alleine, weil mit ihm ein gutes Stück Realsatire verbunden ist.

Das erkannte auch Sichermann, der die Meldung komplett übernahm und an Stelle der "Saarbrücker Zeitung" den "Postillon" als Quelle nannte. Vordatiert auf den 1. Januar und versehen mit dem Zusatz, dass inzwischen auch "zahlreiche andere Medien" darüber berichten, ging der vermeintliche "Exklusiv"-Artikel auf der "Postillon"-Website im Laufe des Donnerstags online. Was folgte, war eine Empörungswelle in den sozialen Netzwerken, wo "Spiegel Online" oder der "Tagesschau" unterstellt wurde, beim "Postillon" abgeschrieben zu haben.

Viele schenkten der Satire-Website also mehr Glauben als den vermeintlich seriösen Nachrichtenangeboten. Das ist für sich genommen natürlich ein Coup für Sichermanns "Postillon". Und doch lehrt die Geschichte im Netz vor allem eines: Die sogenannte "Netz-Gemeinde" ist ziemlich schnell dabei, wenn es darum geht, "die Medien" zu kritisieren. Dabei hätten einfachste Recherche-Methoden - etwa über Google News - innerhalb weniger Minuten die Erkenntnis geliefert, dass der "Postillon" diesmal die eigenen Leser narrt.

Auf Facebook sammelte Sichermann noch am Abend die aufgebrachten Reaktionen und veröffentlichte dabei auch die Mail eines Redakteurs der "Berliner Zeitung", der ihn fragte, ob er bei der "Exklusiv"-Meldung zu Pofalla "nicht vielleicht einfach das Datum einen Tag zurückdatiert" habe. Manch einer behielt im Eifer des Gefechts also den Durchblick. Letztlich aber ein schönes Beispiel dafür, dass manch schäumendem Twitterer ein wenig Besonnenheit und Sorgfalt gut zu Gesicht stehen würde. "Der Postillon" hat inzwischen übrigens in seiner ganz eigenen Art auf die Welle der Empörung über die vermeintlich schlampige Arbeit der Medien reagiert - und nennt sich jetzt im Header "Der Pofalla".