Dass die "Deutsche Welle" vor gewaltigen Veränderungen steht, ist bekannt. Notwendig erscheinen sie angesichts des zunehmenden Wettbewerbs internationaler Angebote allemal. Nun hat der neue DW-Intendant Peter Limbourg wegweisende Entscheidungen getroffen, die vermutlich vielen Mitarbeitern zunächst sauer aufstoßen werden. Die "Berliner Zeitung" schreibt in ihrer Montags-Ausgabe über einen "Kahlschlag". So wollte Limbourg das freilich nicht nennen, als er am Montag vor die Belegschaft trat. Viel mehr werde die DW intern finanzielle Mittel für die die Neuausrichtung in die künftigen Schwerpunktvorhaben umschichten, kündigte er an.

Die Geschäftsleitung hatte sich Ende vergangener Wochen auf "notwendige programmliche Maßnahmen" verständigt, teilte der Sender mit. "Sie schaffen den Rahmen, in dem wir unsere Vorstellungen von kreativem und modernem Journalismus verwirklichen und uns als globaler Informationsanbieter aus Deutschland positionieren können“, so Limbourg. Im Laufe des Jahres sollen die Veränderungen schrittweise vorangetrieben werden. "Wir betreiben keinen Kahlschlag, sondern haben ein verantwortungsvolles, intelligentes Konzept entwickelt, das uns ermöglicht, unsere Ziele zu verwirklichen und die hervorragende Regional- und Sprachkompetenz der DW zu erhalten", erklärte Limbourg.

Auffälligste Neuerung: Die Deutsche Welle wird sich zunehmend von Produktionen in deutscher Sprache verabschieden. "Deutsch bleibt eine wichtige Sprache für die DW", betonte der Intendant. In einer Mitteilung ist allerdings auch die Rede davon, dass das deutschsprachige Angebote in erster Linie "Grundversorgung" bieten soll. Zwar will man auch weiterhin Angebote auf Deutsch anbieten. Der Aufwand soll jedoch reduziert werden - bei einer gleichzeitig intensivierten Kooperation mit ARD, ZDF und Deutschlandradio. Alle für den linearen Kanal eigenproduzierten TV-Sendungen wurden dafür zuletzt auf den Prüfstand gestellt. Hauptkriterien waren, wie die Magazine zur Profilbildung der DW beitragen und welches Reichweiten-Potenzial sie besitzen.

Im Ergebnis wurde nun entschieden, künftig "PopXport", "Agenda", "World Stories", "Germany Today", "Inside Germany", "People & Politics", "Kino" und "Talking Germany" zu verzichten. Dies gilt nach Angaben des Senders jeweils für die Ausgaben dieser Sendungen in allen vier Sprachen des linearen Fernsehens, also Englisch, Deutsch, Spanisch und Arabisch. Die in den genannten Sendungen behandelten Themen sollen nur zum Teil in anderen Programmflächen behandelt. Grundlegend überarbeitet beziehungsweise neu gestaltet werden unterdessen das Wirtschaftsmagazin "Made in Germany" und das Talk-Format "Quadriga". Für die Zukunft will man darüber hinaus interaktiver Formate und eine profilbildende Talkshow einführen.

Das Ziel ist klar definiert: Englisch soll zum journalistischen "Flaggschiff" und somit zu einem international wettbewerbsfähigen Angebot ausgebaut werden. Überraschend kommt diese Etwicklung freilich nicht. Schon bei seinem Auftritt in der DWDL.de-Talkshow "Studio D" hatte Limbourg im November klar zu verstehen geben, dass sich die Deutsche Welle stärker in den Wettbewerb zu internationalen Nachrichtensendern wie Al Jazeera, Russia Today oder France 24 begeben möchte. Für alle Zielregionen will die DW im Fernsehen regionalisierte Inhalte anbieten und die Anzahl entsprechender Beiträge erhöhen, hieß es nun am Montag. Für Asien und Afrika werden inhaltlich Schwerpunkte gesetzt, beispielsweise durch ein Wirtschaftsmagazin für Asien.

Am Standort Bonn sollen die einzelnen Redaktionen zu einer Eurpa-Redaktion vereint werden. Für die weltweiten Zielgebiete möchte man dagegen regional stärker differenzieren und die Angebote entsprechend verändern. Während es für mehrere Sprachen strukturelle Änderungen geben wird, sollen die Angebote auf Bengalisch und Portugiesisch für Afrika eingestellt werden. Einen Teil der Bengalisch-Mitarbeiter will die DW jedoch dafür einsetzen, um das englischsprachige TV- und Online-Angebot für Asien zu verstärken. Für diese Veränderungen, bei denen wohl kaum ein Stein auf dem anderen bleiben wird, bedarf es noch der Zustimmung des Rundfunkrates. Sobald dieser die Aufgabenplanung formal verabschiedet hat, soll mit der Umsetzung begonnen werden.

Innerhalb der nächsten Wochen will der Sender dann auch klären, welche finanziellen und personellen Konsequenzen der Umbau der DW mit sich bringen wird. Hier verlangen die Mitarbeiter Klarheit. In welcher Größenordnung möglicherweise ein Abbau von Personal zu erwarten ist, könne derzeit nicht gesagt werden, da noch unklar ist, wie hoch der Bundeszuschuss an die DW ausfallen wird. Man werde jedoch "alles unternehmen, so viele Beschäftigte wie möglich zu halten", hieß es. Es sind harte Maßnahmen, die Peter Limbourg bei der Deutschen Welle vorantreiben möchte. Ob alle Mitarbeiter mitziehen werden, ist unklar. Die "Berliner Zeitung" berichtet jedenfalls schon mal über Streik-Gedanken.

Mehr zum Thema