Fast eineinhalb Jahre später als das eigentlich mal geplant war ist es am kommenden Wochenende endlich soweit: Die "Tagesschau" wird am kommenden Samstag ihr neues Studio in Betrieb nehmen. Dominierendes Element ist die 17,50 Meter breite Medienwand hinter den Plätzen der Sprecher und Moderatoren, die künftig an zwei separaten Moderationstischen ihren Platz finden. Die Medienwand ist mit Panoramabildern, Fotos, Videos und Schrifteinblendungen bespielbar.

Ganz angenehm für die Moderatoren und Sprecher im Studio: Sie müssen nicht wie zum Beispiel die Kollegen des ZDF oder von RTL in einer kargen grünen Umgebung eines virtuellen Studios arbeiten, sondern können das, was auf der Medienwand zu sehen ist, tatsächlich auch real im Studio sehen. Die Bilder werden nämlich über sieben Beamer auf die Medienwand projiziert. Auf ein virtuelles Studio habe man dabei bewusst verzichtet. "Nachrichten leben von Verlässlichkeit, Sicherheit und Glaubwürdigkeit", so Chefredakteur Kai Gniffke. "Dem folgt die Grundidee des neuen Studios: Alles, was die Zuschauer auf dem Bildschirm sehen, ist real im Studio vorhanden."

Die neuen technischen Möglichkeiten will ARD-Aktuell für eine deutlich verbesserte optische Umsetzung der Nachrichten in "Tagesschau", "Tagesthemen" und auf dem Kanal tagesschau24 nutzen. Animierte Grafiken sollen beispielsweise schwierige Sachverhalte anschaulicher darstellen. Zudem werde die Tagesschau stärker als bisher auf exzellenten Fotojournalismus setzen. Thomas Hinrichs, Zweiter Chefredakteur ARD-aktuell: "Für das Moderatorenteam der Tagesthemen ändert sich am meisten. Sie sind im Studio unterwegs, werden nicht mehr durch die Tischkante bildlich eingeschränkt. Dadurch haben unsere 'Anchorwomen' und unser 'Anchorman' optimale Möglichkeiten, komplexe Sachverhalte noch besser zu erklären."

Bei der Gelegenheit hat die ARD auch das Design und den Vorspann ihres Nachrichten-Flaggschiffs überarbeitet. Und auch akustisch tut sich etwas: Die klassische "Tagesschau"-Fanfare bleibt in ihren Grundzügen erhalten, wurde aber - wie bei jeder bisherigen Designänderung - wieder neu arrangiert. Für die "Tagesthemen" gibt es eine Neukomposition, die von Henning Lohner produziert wurde.

Bleibt noch die Frage, warum sich eigentlich der Umzug so lange verzögert hatte. Bei einem ersten Probebetrieb, den es zur Jahreswende 2012/13 gegeben hatte, hatte sich herausgestellt, dass das Grafiksystem zunächst nicht die gewünschten
Ergebnisse brachte. Da sich alle Abbildungen und Schrifteinblendungen auf einer halbrunden Medienwand real im Studio abspielen, muss das Grafiksystem alle Verzerrungen in Echtzeit korrigieren. Wegen der verschiedenen Perspektiven, Kameraeinstellungen und Kamerabewegungen erwies sich dies als ein Problem, das bei der Planung und Entwicklung so zunächst nicht vorhergesehen worden war. Kai Gniffke: "Für uns war klar: Probieren und Üben im Echtbetrieb würde es bei der Tagesschau nicht geben. Erst wenn alle Systeme fehlerfrei und zur völligen Zufriedenheit laufen, wollten wir auf Sendung gehen. Dies ist jetzt der Fall - dank intensiver Arbeit des Grafiksystem-Herstellers, der Produktion und der Redaktion von ARD-aktuell."

Zu Kostensteigerungen haben die Probleme nicht geführt, sie wurden von der verantwortlichen Firma auf eigene Kosten gelöst. Insgesamt hat die ARD 23,8 Millionen Euro in das neue Studio, das auf den 320 Quadratmetern Grundfläche des vorhandenen früheren Havariestudios beim NDR in Hamburg eingerichtet wurde, investiert. Darin enthalten sind, neben der Studiotechnik, auch
Setbau, Design, Schulung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen,
Probebetrieb sowie Wartung für mehrere Jahre. Auch der Umstieg auf die Produktion in HD-Qualität wurde damit vollzogen. Lutz Marmor, ARD-Vorsitzender und NDR Intendant: "Mit diesem Studio macht die ARD ihr Flaggschiff klar für die kommenden Jahre. Technisch war die  Erneuerung der Studio-Ausrüstung überfällig. Und für die Präsentation der Tagesschau und der Tagesthemen steht jetzt modernste Technik zur Verfügung. Die investierte Summe ist für den Informationsauftrag der ARD gut angelegt. Der geplante Budgetrahmen konnte trotz der zeitlichen Verzögerung eingehalten werden."