Härter werdende Zeiten für die klassischen Free-TV-Sender sieht Gerhard Zeiler, lange Zeit Chef der RTL Group und nun fürs internationale Geschäft bei Turner zuständig: "Die Dynamik hat eine Bedeutung erreicht, die wir alle - ich übrigens auch - vor drei Jahren so nicht erwartet haben. Die Entwicklungsgeschwindigkeit ist schneller denn je. Wenn Sie mich vor ein paar Jahren gefragt hätten, wie ein Programm zu einer Marke werden kann, hätte ich immer gesagt: 'Das geht nur über die großen Fernsehsender. Nur so kann eine Marke massenwirksam etabliert werden.' Das würde ich heute so nicht mehr formulieren", sagte er im "Handelsblatt".
Heute würden viele ihre Lieblingsprogramme hingegen über Empfehlungen in sozialen Netzwerken entdecken. "Die großen Sender verlieren ihre Monopolstellung", so Zeiler. "Nonlineare Videoportale sind heute so attraktiv wie früher die Buchklubs". Das betrifft zum Einen Angebte wie Netflix, zum anderen aber gerade auch Youtube. "Youtube und die anderen Videoportale haben eine Größe erreicht, die mehr als signifikant ist (...). Die Fragmentierung ist noch nicht zu Ende."
Die Lehren, die er daraus zieht, umschreibt Zeiler so: "Wir, die klassischen Medienunternehmen, die bis dato reine B-to-B-Unternehmen sind, werden künftig auch B-to-C-Angebote offerieren müssen, so, wie es der amerikanische Premiumsender HBO gerade mit Apple tut." HBO hat kürzlich HBO Now gestartet. Ohne einen Kabelanschluss lassen sich darüber nun alle HBO-Inhalte nutzen. Zudem müssten sich die Unternehmen unabhängiger von Werbeeinnahmen machen. "Unternehmen, die glauben, sie könnten sich mit 90 Prozent oder mehr allein aus TV-Werbung finanzieren, werden es in Zukunft sehr schwer haben. Die Werbewirtschaft zahlt vieles, aber in Zukunft nicht mehr alles."
Und schließlich müsse man vor allem auf Smartphones und Tablets präsent sein. Mobilgeräte seien "die große Herausforderung". "Wir müssen definieren, was ihr Erfolg für unsere Geschäftsmodelle, unsere Inhalte und unsere Marken bedeutet. In der Regel werden wir im mobilen Markt unsere Geschäfte direkt mit dem Endkunden machen. Es kann aber auch sein, dass Telekommunikationsunternehmen ihre Dienste bündeln und in bestimmten Tarifen Kunden Pay-TV mit anbieten."