Anfang kommenden Jahres will das Bayerische Fernsehen mit einem neuen Programmschema an den Start gehen. Dazu gehört auch eine auf 30 Minuten verlängerte "Runschau". Das sei jedoch "nicht zum Nulltarif zu realisieren", erklärte Siegmund Gottlieb, Chefredakteur Fernsehen, in einem Interview mit dem Bayerischen Journalistenverband (BJV). "Wir wollen stärker aus der Region heraus und in einem neuen Outfit senden. Dafür brauchen wir länger erzählte Geschichten, nicht mehr nur in 1:30- oder Zwei-Minuten-Formaten." Gleichzeitig hänge die neue "Rundschau" eng mit der "Tagesschau" zusammen, die künftig auch im BR gezeigt wird. "Die ARD-Tagesschau wird vom Bayerischen Rundfunk kräftig mitbezahlt, ohne dass sie bisher entsprechend genutzt wurde", stellte Gottlieb nach all den Jahren fest.
"Das soll sich nun ändern und das schafft uns die Entlastung, in der halben Stunde der 'Rundschau' viele Geschichten aus Bayern zu erzählen." Mit Blick in die Zukunft sagte Gottlieb: "Wir werden bayerischer. Wir wollen aber nicht provinziell werden und nur bis zum nächsten Kirchturm schauen. Das wird alleine schon durch die Tatsache verhindert, dass der BR innerhalb der ARD fünf starke Auslandsstudios in fast allen Krisengebieten der Welt unterhält." Ob die Schemareform in seinem Programmbereich einen Spareffekt habe, werde man jedoch erst noch sehen. "Geld zu sparen, ist ja auch weder der Anlass noch das erste Ziel dieser Reform. Es geht vielmehr darum, ein exzellentes Programm zu machen und attraktiver für jüngere Zuschauer und Zuhörer zu werden", so der Chefredakteur im BJV-Gespräch.
"Die Sparzwänge, die aus den jahrelang eingefrorenen Einnahmen der öffentlich-rechtlichen Sender resultieren, gehen in der Tat ans Eingemachte. Das gefällt uns nicht, aber wir sind gezwungen, damit umzugehen. Wir haben deshalb unsere Wiederholungsanteile in den Sommerpausen erhöht. Viel mehr können wir dem Zuschauer aber nicht mehr zumuten." Doch nicht nur das Programmschema wird verändert: Gleichzeitig will der Bayerische Rundfunk künftig verstärkt trimedial arbeiten, also Fernsehen, Hörfunk und Internet in einem Schritt denken. "Am Ende dieses trimedialen Prozesses müssen wir unsere Recherchekraft - bisher punktuell im Haus verteilt, etwa bei 'Report München', 'Kontrovers' oder dem 'Funk-Streifzug' - gesteigert haben, und zwar durch das Zusammenführen von Kompetenzen", sagte Gottlieb.
"Jeder hat das bisher auf seiner Insel gemacht. Der trimediale Prozess aber bedeutet: Niemand ist mehr eine Insel. Wir müssen die Kompetenz, die wir im Hörfunk haben, mit der im Fernsehen zu Rechercheeinheiten zusammenlegen. Es ist doch gerade das Privileg des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, dass wir uns das noch leisten können." Gleichzeitig gehe darum, die publizistische Schlagkraft zu erhöhen. Die Reform sei unbestritten ein Kraftakt, betonte Siegmund Gottlieb, doch manche Widerstände zu Beginn seien "längst umgewandelt in positive Enegrie". Wichtig sei ihm, den Prozess kommunikativ zu begleiten. So machte er deutlich, dass die Freien künftig flexibler werden müssen. Gottlieb: "Wir wollen weg von der Idee, dass jede Sendung ihre eigene Redaktion hat. Ich finde, das ist nichts Unanständiges, sondern etwas zwingend Notwendiges, wenn der BR in Zukunft überleben möchte."
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