Seit einigen Jahren moderieren Jan Böhmermann und Olli Schulz nun schon ihre gemeinsame Radio-Sendung - und vom kommenden Jahr an wird das Duo auch noch in einer eigenen Talkshow bei ZDFneo zu sehen sein. Die Ankündigung dazu kam vor allem deshalb überraschend, weil Schulz erst vor nicht allzu langer Zeit angekündigt hatte, eine Fernsehpause einlegen zu wollen. "Es ist auch, Hand aufs Herz, die einzige Sache, die ich mir gerade im Fernsehen vorstellen kann. Weil ich mich auf unsere Radiosendung immer freue oder zumindest meistens", erklärt Schulz in einem Interview, das er zusammen mit seinem Kollegen Böhmermann der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gab.

Trotz der vielen Zeit, die beide gemeinsam verbringen, betrachten sich Schulz und Böhmermann jedoch nicht als Freunde. "Wir sind keine Freunde, aber wir schätzen uns. Ich glaube, wenn ich im Krankenhaus läge, würde Olli mich besuchen kommen", mutmaßt Böhmermann der "FAS". Beide sehen "Arbeitskollegen, die sich gut kennen. Ohne über alles sprechen zu müssen". "Und die sich über all das hier nicht definieren und nicht hinterfragen, warum alles so ist. Es läuft halt gerade gut", wie Schulz ergänzt. Manchmal sei er genervt davon, dass er nicht hinterherkomme, weil Böhmermann so schnell sei. Durch seine Sendungen setze dieser sich schließlich mit allem auseinander. Schulz: "Mit 34 war ich eigentlich auch so schnell, aber da wollte keiner, dass ich so etwas mache."

Der Rahmen für die Sendung, die gewissermaßen in der Tradition von "Roche & Böhmermann" stehen soll, steht bereits: "Wir haben vier Gäste, und wer unsere Radiosendung kennt, der weiß, dass wir versuchen wollen, in den sechzig Minuten so nah wie möglich an dem zu sein, was wir für uns selbst halten", so Böhmermann. Schulz sieht das allerdings etwas anders: "Ich werde einfach Jan nach vorne preschen lassen und versuche dann später, die Scherben einzusammeln." Verantwortung für eine junge Generation, die in der digitalen Welt groß werden, will Schulz jedoch nicht tragen. "Wir sollten nicht anfangen, uns darüber Gedanken zu machen, denn dann würden wir versuchen, zu funktionieren. Dadurch, dass wir uns nie groß absprechen, schaffen wir vielleicht mehr, als wenn wir anfangen würden, pädagogische Leitfäden zu spinnen."

Auf die Frage, ob man ihre Radioshow "Sanft & Sorgfältig" ernst nehmen müsse, antwortet Böhmermann entschieden: "Gar nicht. Natürlich gibt es manchmal ernste Stellen, und dann hat die Sendung für uns auch therapeutischen Wert. Aber ich werde ganz gern nicht ernst genommen, einfach weil man dann nichts falsch machen kann. Ernst genommen werden sollen andere." Beide gehen von einem "gewissen zivilisatorischen Grundgerüst" der Zuschauer aus, wie Böhmermann betont. "Wenn ich einen Witz über jemanden mache, der im Rollstuhl sitzt, dann kann ich nicht bei null anfangen. Da ist vorausgesetzt, dass ich - nicht aus eigener Erfahrung, sondern in der Anschauung - sein Schicksal erfasse und dass das natürlich kein leichtes Leben ist. Das heißt nicht, dass man dem mit Verachtung begegnet. Wir sind keine Zyniker."

Zwar sei der Humor "manchmal krass", gibt Olli Schulz zu, "aber das heißt nicht, dass wir menschenverachtend leben. Ich bin in Fernsehsendungen besoffen aufgetreten, weil es perfekt gepasst hat, trotzdem verachte ich Saufkultur". Mit Blick auf die jüngste Flüchtlingsdebatte zeigt sich Schulz im Interview mit der "FAS" indes zwiegespalten. "Es gibt immer wieder Leute, die das für ihr eigenes Ego instrumentalisieren. Viele sagen: 'Nazis sind Scheiße' - das ist mir zu wenig. Das habe ich mit 19 bei der Antifa auch gebrüllt, bis die Goldenen Zitronen, eine Band, die ich immer geschätzt habe, gesungen haben: 'Nazis raus – ja, wohin denn?' Hier gehören sie hin, denn hier kommen sie her."

Kritisch sieht Jan Böhmermann die Berichterstattung "Bild", auch wenn darin gerade erst 200 Leute dazu aufriefen, Flüchtlingen zu helfen. "Alles, was in der 'Bild'-Zeitung stattfindet, ist in gewisser Weise kontraproduktiv", findet Böhmermann, der jedoch viele Gemeinsamkeiten mit Chefredakteur Kai Diekmann ausgemacht hat. "Für den Boulevardjournalismus wie auch für mich gilt die Regel: Alles, was öffentlich stattfindet, kann verwendet werden, um einen Treffer zu landen. Aber für Boulevardjournalismus hätte ich einfach zu viele Skrupel. Da muss man schon ziemlich eiskalt sein."

Und auch als Musiker sieht sich Jan Böhmermann nicht: "Ich finde, man sollte seinen Platz kennen, und ich bin eigentlich im engsten Sinne ein Fernsehfuzzi", sagt er freimütig in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", um dann noch einen Seitenhieb an zwei Kollegen zu richten: "Wenn ich mir einen Hut aufsetzte und so Jan-Josef-Liefers- oder Reinhold-Beckmann-mäßig irgendwie die Emotionen aus meiner Akustikgitarre rausholte, würde ich mich vor mir selbst ekeln."

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