Mit ihrer emotionalen Dankesrede bei der Goldenen Kamera bewegte sie zahlreiche Menschen. "Offensichtlich hatte sich was bei mir angestaut", sagt Moderatorin Dunja Hayali nun rückblickend im Gespräch mit dem "Stern". "Ich will mir den Spaß an meinem Job nicht verderben lassen. Mich irritiert der Hass. Mir haben nach der Verleihung einige geschrieben, dass sie Tränen in den Augen hatten und dass es ein guter Denkanstoß war. Ich brauche ein bisschen, um das zu verarbeiten." Viele hätten durch die Preisverleihung erkannt, was mit Journalisten derzeit passiere. "Wie wir angegangen und beschimpft werden. Das schreiben jetzt auch viele: Ich teile nicht immer Ihre Meinung, aber so geht das nicht."

Die Hasskommentare, die sie regelmäßig auf ihrer Facebook-Seite lesen muss, schocken Hayali aber noch immer. "Auf meiner Facebook-Seite beobachte ich, wie sich die Leute gegenseitig beschimpfen, so schlimm, dass ich beim Lesen schlucken muss. Aber auch Leute, die mich verteidigen, vergreifen sich im Ton. So oder so: Ich lass mich nicht kaputt machen." Was sie in den letzten Wochen und Monaten gelesen habe, sei mit Verrohung der Sprache nicht mehr zu beschreiben, meint die ZDF-Journalistin. "Hier sind alle Grenzen gesprengt worden, es gibt kein Halten mehr. Offenbar haben viele Menschen ein Drei-Sekunden-Hochgefühl, wenn sie so etwas schreiben. Das lässt mich gerade etwas verzweifelt zurück. Warum kann man nicht fair diskutieren und am Ende feststellen: Okay, wir kommen nicht zusammen. Schönen Tag noch."

"Asylanten-Lesbe", "Goebbels-Sender-Beauftragte" oder "transatlantisch treue Kanakenquotenfotze" sind nur einige von vielen Beleidigungen, die Hayali über sich ergehen lassen muss - kein Wunder also, dass die Moderatorin gerade erst eine einstweilige Verfügung erwirkt hat, mit einer Strafandrohung von 250.000 Euro. "Das Geld ginge übrigens nicht an mich", stellt Hayali klar. Oft seien die Kommentare beschämend und ungesund, räumt sie ein und verordnete sich gar eine Facebook-Pause. "Ich war wund und angreifbar, ich habe gemerkt, dass ich nicht mehr souverän auf Hass oder Beleidigungen reagiert habe." Künftig werde sie jedoch Hilfe bei der Betreuung der Seite brauchen. Hayali: "Es wird einfach immer mehr. Ich will dem zwar gerecht werden, aber es geht nicht. Ich habe meinen Job, da kann ich nicht noch jeden Tag fünf Stunden vor dem Rechner sitzen. Ich bin zudem auch nicht die Anlaufstelle für all die, die gegen GEZ, Merkel und Co. sind."

Das schlimmste Erlebnis habe sie vor drei Wochen gehabt, als sie nach dem Einkaufen als "Lügenfresse" angepöbelt wurde. Weil sie nicht damit gerechnet habe, sei sie geschockt und sprachlos gewesen. "Mir war nicht klar: Steigt der jetzt von seinem Fahrrad und haut dir eine runter? Das sind Situationen, die man nicht erleben möchte. Jetzt besitze ich wieder Pfefferspray." Im Fernsehen will die Moderatorin derweil weitermachen wie bisher. Dabei gehe es ihr auch nicht darum, die AfD zu entzaubern, wie Hayali im "Stern" betont: "Das ist nicht mein Job. Ich entzaubere ja auch nicht Herrn Kauder oder Herrn Stegner. Sie entzaubern sich höchstens selbst. Wir sind da, um Widersprüche und Ungereimtheiten aufzudecken. Ich behandle die AfD genauso wie jede andere Partei, denn sie demokratisch gewählt, ob uns das passt oder nicht. Es wäre grundfalsch, nicht mit ihnen zu reden - das sollte auch für Parteien gelten."

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