Das Schmähgedicht aus dem "Neo Magazin Royale" vom 31. März lässt die Wogen weiter hoch schlagen. Wie die Staatsanwaltschaft Mainz nun bestätigt, hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan nun über eine Anwaltskanzlei Strafantrag gegen Jan Böhmermann wegen Beleidigung nach §185 des Strafgesetzbuches gestellt. Im Falle einer Verurteilung kann dies mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet werden. 

Der nun gestellte Strafantrag Erdogans wird in dem bereits anhängigen Verfahren wegen Angriffs gegen Organe und Vertreter ausländischer Staaten (§ 103 Strafgesetzbuch) geprüft werden, so die Staatsanwaltschaft. Die türkische Botschaft hatte in einer sogenannten Verbalnote an das Auswärtige Amt bereits die Einleitung eines Strafverfahrens wegen eines Verstoßes gegen §103 verlangt. Darin geht es explizit um die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes, die mit höherer Strafandrohung (bis zu drei Jahre, im Falle einer verleumderischen Beleidigung bis zu fünf Jahre Haft) belegt ist als die Beleidigung anderer Personen.

Neben dem bereits erfolgten Antrag durch die türkische Botschaft müsste in diesem Fall allerdings auch die Bundesregierung der Einleitung eines Strafverfahrens zustimmen. Eine Entscheidung ist hier noch nicht gefallen. Wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag auf der Bundespressekonferenz sagte, werde das Anliegen nun geprüft, was einige Tage in Anspruch nehmen könne. Er betonte unterdessen auch, dass die Freiheit von Kunst und Meinung für die Bundeskanzlerin "weder nach außen noch nach innen verhandelbar" sei, unabhängig davon was sie für geschmacklos oder gelungen halte.

Unterdessen hat sich auch der türkische Vize-Ministerpräsident Numan Kurtulmus geäußert und Böhmermann ein "schweres Verbrechen gegen die Menschlichkeit" vorgeworfen, indem er "alle Grenzen der Schamlosigkeit übertroffen" habe. Das könne die türkische Regierung nicht akzeptieren.

Unterdessen erhielt Böhmermann zuletzt viele Solidaritätsbekundungen - von Springer-Chef Döpfner über Didi Hallervorden bis zum Deutschen Journalistenverband. Dessen Vorsitzender Frank Überall mahnte: "Die Satirefreiheit darf nicht zum politischen Bauernopfer der deutsch-türkischen Beziehungen werden." Das ZDF ließ unterdessen wissen, dass das "Neo Magazin Royale" nicht zur Debatte stehe und wie geplant weiter ausgestrahlt werden soll.

Seine Radiosendung "Sanft & Sorgfältig", die Jan Böhmermann sonntags normalerweise mit Olli Schulz bei Radioeins moderiert, fiel in dieser Woche hingegen aus. Den in sozialen Netzwerken aufgekommenen Vorwurf der Zensur wies Radioeins am Montag noch einmal zurück. "Die Sendung 'Sanft & Sorgfältig' vom 10. April 2016 ist ausgefallen, weil Jan Böhmermann nicht in der Lage war, eine Sendung zu produzieren. Wir haben für seine schwierige Situation Verständnis gezeigt und uns entschieden, auf Grund der außergewöhnlichen Lage nicht irgendeine Best-Of-Sendung zu wiederholen, sondern 'Sanft & Sorgfältig' vollständig ausfallen zu lassen. Das haben wir auch erklärt. Wir gehen davon aus, dass es nächsten Sonntag wieder eine normale Sendung mit Jan Böhmermann geben wird. Dass der Ausfall so kurzfristig kommuniziert wurde, tut uns leid. Für Spekulationen über Zensur und andere Verschwörungstheorien haben wir aber kein Verständnis."