Blick über den Teich: Amerikas TV-Zeitschrift landet Flop der Saison

Foto: tvguide.com"Verschlimmbessern" sollte seit Mitte Oktober zum amerikanischen Wortschatz gehören, so wie schon andere deutsche Wörter den Weg in die englische Sprache gefunden haben. Das Wort beschreibt am Besten, was Millionen Amerikaner seit Mitte Oktober wöchentlich zu lesen bekommen. Der "TV Guide", die einzige Programmzeitschrift Amerikas, hat sich einen revolutionären Relaunch gegönnt - und hätte es lieber bleiben lassen sollen.

Wer den alten "TV Guide" bislang nicht kannte, der muss ihn sich etwa wie ein auf DIN A5 gepresstes Telefonbuch vorstellen. Billiges Recyclingpapier und Miniformat machten wenig her, aber reichten aus um den eigentlichen Zweck zu erfüllen: Die Programmlistings der Sender waren ausführlich und weitestgehendst für volle 24 Stunden nachzulesen.

Anders als in Deutschland sind in Amerika tabellarische Darstellungen des TV-Programms, auch in den Tageszeitungen, üblich, was angesichts zweier Gründe sinnvoll ist. Erstens macht die Vielzahl der Sender eine Darstellung wie wir es in Deutschland gewohnt sind, einfach unmöglich und zweitens beginnen in Amerika ohnehin (fast) alle Sendungen nur zur vollen oder halben Stunde was für relative Übersicht sorgt.

Durch das Internet und das "TV Guide"-eigene Webangebot sowie den eigenen "TV Guide"-Kanal, der rund um die Uhr über das laufende Programm aller Sender informiert, war der gedruckte "TV Guide" zuletzt immer weniger gefragt und litt unter Auflagenschwund. Es folgte die übliche Reaktion: Ein Relaunch muss her. Und dieser fiel gleich so revolutionär aus wie keiner befürchtet hatte.

Von DIN A5 auf DIN A4, von weitestetgehend schwarz-weiß auf durchgängig farbig. Bis dahin klingt der Relaunch gut und sieht sogar optisch ansprechend aus. Hochglanzoptik und ein mit über 50 Seiten deutlich ausführlicherer Magazinteil als es die meisten deutschen Programmzeitschriften anbieten, sind nette Beigaben. Doch im Gegensatz zum Schwestermagazin "Inside TV", welches sich eben hauptsächlich um solche TV-Promi-Stories widmet, sollte der "TV Guide" als einzige Programmzeitschrift des Landes, doch vorallem der Programminformation dienen.

Foto: tvguide.comGenau da beginnt die Farce: Auf gerade einmal 39 Seiten des über hundertseitigen Heftes geht es ums aktuelle Fernsehprogramm. Nur vier Seiten pro Tag, nur zwei davon sind tatsächlich Programmlistings - fast jede deutsche Programmzeitschrift informiert umfassender oder anders gesagt: Vollständig. Denn bei gerade einmal zwei Seiten mit Programmlistings für über 80 Sender muss etwas auf der Strecke bleiben, das begreift jeder, selbst der, der den neuen "TV Guide" nicht einmal in der Hand hatte.

Und in der Tat: Nur das Programm von 20 bis 23 Uhr wird abgedruckt - das ist kein Scherz. Für Spartensender exisitiert noch eine Doppelseite mit dem Daytime-Programm an Werktagen sowie je eine Seite mit dem Latenight-Programm und dem Spielfilm-Programm der PayTV-Sender. Die größten Networks Amerikas sind nur mit ihrem dreistündigen Primetime-Programm vertreten - mehr Programminformation bietet Amerikas einzige Programmzeitschrift nicht.

Der Hintergrund: In jeder Stadt bzw. Region der USA sieht das Daytime-Programm der großen Networks u.a. durch lokale Sendungen anders aus. Bislang gab es für jede Stadt/Region eine eigene Ausgabe des "TV Guide". Dies ist jetzt nicht mehr der Fall. Nur eine Ausgabe für die westlichen Zeitzonen sowie die östlichen Zeitzonen - mehr Versionen gibt es nicht. Amerikas einzige Programmzeitschrift hat sich selbst ins Aus geschossen: Neue bunte Optik aber null Information. Dreist wird der Leser stattdessen aufgefordert, sich die restlichen Programminformationen im Internet anzuschauen und gegebenenfalls auszudrucken - "aktueller gehts nicht", so der Werbespruch für diesen "Service".

Derzeit ist erst die dritte Ausgabe des neuen "TV Guide" im Handel. Im Einzelverkauf wird das neue bunte Blatt derzeit zum Schleuderpreis von 99 Cents an den Mann gebracht, die erste Ausgabe gar in den Metropolen des Landes kostenlos verteilt. Die kleine schwarz-weiße Variante mit deutlich besserem Service und vollständigem Programm kostete bislang 2,49 Dollar - war aber ganz im Gegensatz zum neuen Heft jeden Cent wert. Eine DWDL-Anfrage zum Feedback der Leser blieb seitens des "TV Guide"-Verlags unbeantwortet.