Der Streit um das beschlagnahmte Interview mit dem türkischen Jugend- und Sport-Minister Akif Cagatay Kilic schlägt hohe Wellen. Nun hat sich auch die Bundesregierung eingemischt und sich hinter die Deutsche Welle gestelt. "Die Pressefreiheit ist für uns ein hohes, nicht zu verhandelndes Gut", wird Regierungssprecher Steffen Seibert zitiert. Das gelte nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland, stellte er am Mittwoch klar.

Der deutsche Botschafter telefonierte derweil mit dem Büroleiter des Ministers. Das Gespräch sei "konstruktiv" gewesen, hieß es vom Auswärtigen Amt. Konkrete Fortschritte gab es dennoch bislang offenbar nicht. Stattdessen hatte ein Tweet des türkischen Sportministers zwischenzeitlich für Aufsehen gesorgt. Darin behauptete er nämlich, dass die Aufnahmen gar nicht beschlagnahmt worden seien. Stattdessen habe man lediglich gefordert, das Interview nicht auszustrahlen.

Ein Sprecher der Deutschen Welle wies diese Version dagegen als "schlichtweg abenteuerlich" zurück und sagte: "Wenn das Videomaterial nicht unrechtmäßig konfisziert worden wäre, hätte die DW das Material noch und könnte die Sendung wie geplant ausstrahlen." Michel Friedman hatte Kilic am Montagabend in Ankana für die DW-Sendung "Conflict Zone" unter anderem zum Putschversuch im Juli, zur Lage der Presse und zur Stellung der Frau in der türkischen Gesellschaft befragt.

"Wir sind nicht die PR-Agentur eines Ministeriums."
Michel Friedman

Friedman kritisierte unterdessen im Radiosender hr3 das Vorgehen des türkischen Ministeriums. "Der Minister war vielleicht mit seinen Antworten nicht zufrieden, aber das kann nicht der Anlass sein, das Material zu beschlagnahmen. Wir sind nicht die PR-Agentur eines Ministeriums. Unsere Sendung ist darauf angelegt, Konfliktfragen zu stellen. Auch Fragen, die weh tun. Wir haben zum Beispiel Fragen zum Thema Pressefreiheit gestellt. An unserem Beispiel kann man eindeutig beweisen: Das Verständnis von Pressefreiheit ist anders als bei uns."

Kritik kam auch von der Organisation Reporter ohne Grenzen. "Wie die türkische Regierung sich gegenüber den Journalisten der Deutschen Welle verhalten hat, ist eines Staates, der sich selbst als Demokratie bezeichnet, in höchstem Maße unwürdig“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Dass ein Minister aufgezeichnetes Interview-Material nicht herausgibt, weil ihm die Fragen der Journalisten offensichtlich zu kritisch waren, ist eine harsche Form der Zensur und macht die Geringschätzung der türkischen Regierung für die Pressefreiheit einmal mehr deutlich."

Ähnlich äußerte sich zuvor bereits der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands Frank Überall. "Das ist der schwerstmögliche Angriff auf die Pressefreiheit, wie wir ihn nur aus Diktaturen kenne", erklärte er in einer Stellungnahme.

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