Seit mehr als 140 Tagen sitzt der "Welt"-Journalist Deniz Yücel inzwischen in einem türkischen Gefängnis, und wer das jüngst von "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo mit Recep Tayyip Erdogan geführte Interview gelesen hat, wird nicht den Eindruck bekommen haben, dass mit einer zügigen Freilassung zu rechnen ist. Er könne nicht verstehen, dass man sich so sehr für eine Person einsetze: "Dass Frau Merkel überhaupt die Rettung eines Terrorverdächtigen auf die Tagesordnung bringt, war für mich auch sehr, sehr sonderbar", sagte der türkische Staatspräsident.

Dass Yücel nicht in Vergessenheit gerät, ist auch der "taz"-Journalistin Doris Akrap zu verdanken, die einst schon zusammen mit ihm Abitur machte und sich seit Wochen für ihren inhaftierten Kollegen einsetzt. Sie sei inzwischen "quasi hauptberuflich ein Hashtag", sagt Akrap über sich und spielt damit auf den Freundeskreis #FreeDeniz an, deren Mitinitiatorin sie ist. Die politisch Verantwortlichen in der Türkei müssten verstehen, dass Demokratie, Presse- und Meinungsfreiheit bedeuten, die Kritik anderer auszuhalten, betont sie.

Die Riege der Unterstützer ist groß und umfasst längst auch zahlreiche prominente Namen, wie sich am Donnerstagabend im WDR-Funkhaus eindrucksvoll zeigte. Dorthin hatte der Freundeskreis gemeinsam mit dem Radiosender Cosmo unter dem Motto "Wir wollen das Meer sehen - Deniz’i görmek istiyoruz" zu einer Lesung von Yücels Texten geladen. Dem Ruf folgten Thomas Gottschalk, Oliver Welke, Christine Westermann, Olli Dittrich, Carolin Emcke, Günter Wallraff, Oliver Polak, Fatih Cevikkollu, Else Buschheuer, Doris Akrap, Imran Ayata, Halima Ilter, Osman Okkan und Ilkay Yücel, die Schwester von Deniz Yücel.


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"Ich bin nicht da, weil es heute kein Möbelhaus zu eröffnen gibt. Es ist mir ein echtes Anliegen", machte Thomas Gottschalk deutlich und verlas gleich zu Beginn der Veranstaltung einen Brief, den Deniz Yücel aus der Türkei an die Besucher in Köln richtete. "Dank Ihnen weiß ich, dass ich in diesem Loch nicht vergessen werde; dass es Menschen gibt, die sich für mich und meine eingesperrten türkischen Kolleginnen und Kollegen einsetzen – kurz: dass wir nicht alleine sind", ließ der deutsch-türkische Journalist ausrichten.

Fast 20 Texte bekam das Publikum in rund zwei Stunden zu hören, und zwischen zahlreiche Werke über die Situation in der Türkei, Thilo Sarrazin und Pegida, die wahlweise zum Nachdenken anregten oder für Kopfschütteln sorgten, fand sich glücklicherweise auch Platz für amüsante Geschichten wie jene von Olli Dittrich mit wunderbarem Akzent vorgelesene über den deutschen Alltag aus Sicht eines Türken. Großer Applaus war dem Komiker damit sicher. Größer wäre der Jubel aber ganz sicher, käme Deniz Yüzel wieder auf freien Fuß.