57 Mal gingen im ersten Halbjahr beim Deutschen Werberat im ersten Halbjahr Beschwerden gegen Werbung im Internet ein, das war ein Zuwachs von über 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das liege aber weniger daran, dass die Internet-Werbung schlechter geworden sei, ist der Werberat überzeugt. "Es hat den Eindruck als würde die Internetwerbung gegenwärtig organisiert unter Beobachtung gestellt, um ein Beschwerdeverfahren beim Werberat einleiten zu können. Dies betrifft insbesondere die Rubrik geschlechter-diskriminierende Werbung", so Julia Busse, Sprecherin des Werberats.

Generell wurde bei den 150 Beschwerden über alle Gattungen hinweg in 60 Prozent der Fälle der Vorwurf der Herabwürdigung oder Diskriminierung von Personen - in der Regel Frauen - erhoben. Der Werberat spricht hier aber von "besonders vielen überzogenen Beschwerden", bei denen die Beschwerdeführer "nur ihre eigenen Maßstäbe gelten lassen wollen". In zwei Drittel der Fälle habe jedenfalls nach Prüfung kein Verstoß gegen die entsprechenden Verhaltesregeln des Werberats vorgelegen.

Der Werberat führt auch zwei Beispiele für solche nach seiner Ansicht überzogenen Beschwerden an: So wurde von einem Beschwerdeführer der Online-Spot eines Möbelhauses zum Thema Deko kritisiert. Gezeigt wird eine Frau, die auf den bereits zum Essen gedeckten Tisch noch eine Karaffe mit Wasser stellt. Der Mann – abgelenkt durch sein Handy – bemerkt nicht, dass die Karaffe als Vase für einen Blumenstrauß gedacht ist und schüttet sich gedankenverloren Wasser daraus in sein Glas. Mit einem nachsichtigen Lächeln stellt die Frau die Blumen in die Karaffe, der Mann guckt verdutzt. Die Beschwerdeführer kritisierten die Werbung als geschlechterdiskriminierend: Frauen würde zugeschrieben, mit einem vermeintlichen Sinn für das Ästhetische unnütze Produkte in der Wohnung zu drapieren, während Männer ausschließlich deren praktischen Einsatz sehen würden. Der Werberat lehnte die Beschwerden ab. Dass bei dem gezeigten Pärchen die Frau gern dekoriert und der Mann hierfür keinen Sinn zu haben scheint, bedeute keine Diskriminierung von Frauen oder Männern. Der Spot spiegele vielmehr "reales Kundenverhalten" und beinhalte erkennbar keine Diskriminierung oder Abwertung.

Auch die Beschwerde gegen die Fahrzeugwerbung eines Getränkelieferdienstes, wird als Beispiel für eine "zum Teil weit überzogene Protestkultur" angeführt: Die seitlich an dem Fahrzeug angebrachte Werbefolie zeigt eine trinkende Frau vor einer Meereskulisse. Zu sehen ist der Oberkörper der Frau im Bikini, daneben der Werbetext „… wir bringen die Frische!“ Der Werberat sah im Gegensatz zur Beschwerdeführerin keine sexistische Blickfangwerbung vorliegen, da weder eine Pose noch ein Slogan oder das Motiv selbst irgendeinen sexistischen Bezug habe erkennen lassen.

Anfang Juni waren allerdings auch drei Unternehmen wegen sexistischer Werbung gerügt worden. Die Begründungen hat der Werberat hier zusammengefasst.