Schon seit einiger Zeit lässt sich beim österreichischen ORF ein interessantes Phänomen beobachten: Es werden immer mehr Serien in Auftrag gegeben, die dann im Archiv landen und erst Monate, manchmal sogar Jahre nach der Produktion auf Sendung gehen. So ist von den "CopStories" 2014 und 2015 jeweils eine Staffel entstanden, bereits zur letzten TV-Saison sollten diese zu sehen sein. Auch von "Vier Frauen und ein Todesfall" liegen noch zwei Staffeln auf Lager, die Serie “Fokus Mord” entstand bereits 2015 und liegt ebenfalls im Archiv. Zuletzt mussten die Fans sogar länger als geplant auf die "Vorstadtweiber" verzichten - ein Prestige-Projekt des ORF.

Fans der Serien äußern inzwischen immer häufiger ihren Unmut gegenüber der ORF-Praxis, die Serien so lange liegen zu lassen. Der Grund für das immer größer werdende Serien-Archiv des öffentlich-rechtlichen Rundfunks: Zeigt der ORF Serien und Filme, wird das Abspielbudget an die Produzenten fällig. Und weil der ORF derzeit nicht so viel Abspielbudget zur Verfügung hat, müssen einige Projekte eben warten. Das ist besonders ärgerlich, wenn Serien wie etwa die "CopStories" immer wieder angekündigt werden, dann aber doch nie laufen.


Nun hat der ORF sein Programm für die TV-Saison 2017/18 vorgestellt und siehe da: Erneut wurden sämtliche oben genannten Serien für die kommenden Monate in Aussicht gestellt. Bei den "CopStories" soll es nun sogar noch zusätzlich ein Weihnachts-Special geben. Einen konkreten Sendetermin gibt es allerdings nur für die "Vorstadtweiber", die am 8. Januar ins Programm zurückkehren werden - also rund zwei Jahre nach der letzten Staffel. Das "Vorstadtweiber"-Pendant "Männerschmerzen" findet in der Auflistung des ORF vorsorglich keinen Niederschlag. Ob und wenn ja wann es die anderen Projekte auf Sendung schaffen, ist unklar. Fest eingeplant ist dagegen ein zweiteiliges Biopic über "Maria Theresia". Voraussichtlich im Weihnachtsprogramm 2017/2018 sollen die zwei Mal 100 Minuten langen Filme laufen.

Interessant ist auf jeden Fall ein Blick auf die Serien, die der ORF neu eingekauft hat. Bereits bekannt war ja, dass die Amazon-Serie "You Are Wanted" ihre deutschsprachige Free-TV-Premiere beim ORF feiern wird (DWDL.de berichtete). Nun hat sich der ORF auch die Rechte an der RTL-Serie "Magda macht das schon" gesichert. Das kommt relativ überraschend, war diese in Österreich doch auch schon zu sehen - eben bei RTL Österreich. Interessant ist "Magda" aber wohl nicht nur aufgrund der zu erwartenden Quoten, sondern auch wegen der Hauptdarstellerin: Verena Altenberger kommt aus Österreich. Darüber hinaus hat sich der ORF auch die Kevin-James-Serie "Kevin Can Wait" gesichert, die bislang nur bei Amazon zu sehen ist. Grundsätzlich sei der Anteil des Serien- und Filmbudgets an den Gesamtausgaben aber "deutlich gesunken", heißt es vom Sender.

"Dancing Stars" erst im Herbst

Auch im Show-Bereich wird es zu einer Veränderung kommen: Die neue Staffel der beliebten Tanzshow "Dancing Stars" wird nicht wie gewohnt im März, sondern erst im Herbst 2018 starten. Man habe bemerkt, dass es gut sei, eineinhalb Jahre zwischen den Staffeln zu haben, sagte ORF-Fernsehchefin Kathrin Zechner am Mittwoch vor Journalisten. Erfahrungswerte liegen aber keine vor: Schon seit Ewigkeiten startet "Dancing Stars" im März. Lediglich 2015 pausierte die Show, weil der ORF sein Unterhaltungsbudget damals für die Austragung des ESC verwendete. Ansonsten hält man im Bereich Show große Stücke auf die Satire-Sendung "Tagespresse aktuell", die bereits in wenigen Tagen startet. Die "Tagespresse" ist das österreichische Pendant zum "Postillon".

Im Bereich Sport steht für den ORF die letzte Champions-League-Saison an. Ab 2018/19 liegen die Rechte bei Sky und DAZN. Die Europa League läuft weiterhin bei Puls 4 und derzeit wackelt auch die Bundesliga. Sky drängt hier auf mehr Exklusivität. ORF-Chef Alexander Wrabetz wollte sich zu den Bundesliga-Rechten am Mittwoch nicht weiter äußern und erklärte schlicht: "Die laufen, und dann wird man sehen." Höhere Quoten bringen aber ohnehin die Wintersportübertragungen, besonders die Ski-Alpin-Wettbewerbe. Hier hat der ORF die entsprechenden Verträge gerade erst verlängert (DWDL.de berichtete). Nächstes Jahr stehen mit den Olympischen Winterspielen und der Fußball-WM zudem zwei kostspielige Groß-Ereignisse an. Im Bereich der Info steht die anstehende Nationalratswahl Mitte Oktober im Fokus - anders als in Deutschland gibt es in Österreich viele direkte Konfrontationen zwischen den Spitzenkandidaten zu sehen. Trotz aller Bemühungen von Puls 4 - der ORF kommt hier regelmäßig auf deutlich mehr Zuschauer als der Privatsender.

Wahl könnte auch ORF-Personal beeinflussen

Interessant ist beim ORF auch immer die Entwicklung von ORF eins. Auf diesem Sender fokussiert sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk stark auf die junge Zielgruppe, steckt dafür aber auch immer viel Kritik ein. Das Programm ähnelt dem von ProSieben sehr. Kathrin Zechner sagt nun, sie hoffe, im Herbst 2018 "etwas Verblüffendes" bezüglich ORF eins präsentieren zu können. Konkret soll der Vorabend saniert werden. Eine von Alexander Wrabetz vor einiger Zeit angekündigte, 60-minütige Info-Sendung ist bis dato noch nicht umgesetzt worden.

Aber auch fernab des Programms stehen dem ORF interessante Wochen ins Haus. Das Unternehmen gerät immer wieder zum Spielball der politischen Parteien - und weil im Oktober in Österreich gewählt wird, kann das auch direkte Folgen auf den ORF haben. Generaldirektor Wrabetz gilt als Meister des Taktierens und hat schon einige Entscheidungen aufgeschoben - nach der Wahl können Posten unter Berücksichtigung der neuen politischen Kräfteverhältnisse problemloser vergeben werden. FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger sagte vor der Wahl des ORF-Generaldirektors im August 2016 im Hinblick auf die politischen Neuwahlen, dass er ohnehin nur jemanden auf Zeit wähle. Langweilig dürfte es beim ORF also nicht werden.