367 Tage befand sich Deniz Yücel in einem türkischen Gefängnis, nun soll der "Welt"-Korrespondent freigelassen werden. Das erklärte sein Anwalt am Freitag. "Endlich hat das Gericht die Freilassung meines Mandanten beschlossen“, schrieb Anwalt Veysel Ok nach Angaben der "Welt" auf Twitter. Dem Gericht zufolge habe ein Gericht in Istanbul die Freilassung für die weitere Dauer des Verfahrens verfügt, eine Ausreisesperre wurde demnach nicht verhängt. Auch das Auswärtige Amt bestätigte die Freilassung.

Zunächst existierten noch widersprüchliche Meldungen, ob er das Gefängnisgebäude bereits verlassen hat. Der Zeitpunkt der Freilassung kommt durchaus überraschend, auch wenn der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim am Mittwoch in einem Interview mit den "Tagesthemen" sowie einen Tag später bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin die Hoffnung auf eine Freilassung des Journalisten nährte. Merkel sprach davon, "dass dieser Fall eine besondere Dringlichkeit für uns hat".

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Yildirim hatte jedoch stets erklärt, dass nicht er die Entscheidung zu treffen habe, sondern die Gerichte - und die seien nach dem Putschversuch vor zwei Jahren überlastet. Nun scheint alles aber dann doch schnell gegangen zu sein. Nach Angaben von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel sei durch persönliche Gespräche in den letzten Tagen und Wochen versucht worden, das Verfahren zu beschleunigen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes dankte am Freitag der türkischen Justiz.

"Wir sind unendlich glücklich und dankbar, dass Deniz nach einem Jahr hinter Gittern auf freiem Fuß ist", sagte Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt. "Unser Dank gilt Deniz für seine unerschütterliche Stärke und den Humor in düstersten Stunden, seiner Frau, seiner Familie, seinen Freunden und dem fantastischen, mutigen Anwalt Veysel Ok. Aber auch der Bundesregierung." Die Redaktion denke aber auch an alle Kollegen, die hinter Gittern sind, "weil sie tun, was wir alle so gerne tun wollen: Journalisten sein, kritisch, unbestechlich, hartnäckig, leidenschaftlich".

Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner sagt: "Wir freuen uns und sind unendlich erleichtert, dass Deniz Yücel nach mehr als einem Jahr in Haft endlich frei sein wird. Ich möchte allen danken, die mit unermüdlicher Energie für ihn da waren und sich für seine Freilassung stark gemacht haben – seinen Kollegen, seinen Freunden, der Bundesregierung und dort vor allem Sigmar Gabriel." Die große partei- und ideologieübergreifende Solidarität mit Deniz Yücel unterstreiche, so Döpfner weiter, die Bedeutung von Pressefreiheit und unabhängigem Journalismus für die Gesellschaft. "Sein Fall zeigt aber auch, dass wir immer wieder bereit sein müssen, beides zu verteidigen. Wir wünschen heute Deniz Yücel und seiner Frau, dass sie bald die schrecklichen Monate der Haft und Trennung hinter sich lassen und die lang vermisste Zeit miteinander in Freiheit genießen können."

Deniz Yücel befand sich seit einem Jahr wegen des Vorwurfs der "Terrorpropaganda" ohne Anklageschrift in Untersuchungshaft. Der Fall hatte die ohnehin angespannten deutsch-türkischen Beziehungen massiv belastet. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtet, soll Istanbuler Staatsanwaltschaft jetzt bis zu 18 Jahren Haft für Yücel gefordert haben.

Update 14 Uhr: Inzwischen hat Deniz Yücel das Gefängnis verlassen. Sein Anwalt hat ein Foto von ihm und seiner Frau auf Twitter veröffentlicht.

 

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