Ted Sarandos ist Programmchef von Netflix und damit einer der wichtigsten Köpfe neben CEO Reed Hastings. Auf sein Konto gehen zahlreiche Hit-Serien der vergangenen Jahre, über die heute auf Schulhöfen und in Büros gesprochen wird. Hierzulande hat man im vergangenen Jahr mit "Dark" auch eine erste deutsche Serie gestartet, eine zweite Staffel ist längst in Arbeit. Mit "Dogs of Berlin" und "Die Welle" sind weitere Serien aus Deutschland in der Mache. Nun hat sich Sarandos in einem "FAZ"-Interview über den deutschen Markt geäußert.
"Es ist immer noch ein ziemlich verschlossener Markt. ARD und ZDF sind sozusagen von der Öffentlichkeit beauftragt und haben eine lange gemeinsame Geschichte mit vielen Fernsehmachern. Das macht es schwierig, sich den Markt zu teilen, aber so richtig kommt man an ihnen eben auch nicht vorbei", so Sarandos. Wer die Inhalte von Netflix nicht möge, müsse nicht bezahlen. "Nur werden Sie ‘Dark’, ‘Stranger Things’, ‘13 Reasons Why’ und ‘Ozark’ eben nicht im ZDF zu sehen bekommen."
Sarandos sagt, Deutschland pumpe jedes Jahr so viel Geld in das Fernsehen - und trotzdem kenne man bislang "kaum eine deutsche Fernsehshow in der Welt". Der Netflix-Programmchef spielt damit auf die jährlich rund acht Milliarden Dollar an, die ARD und ZDF erhalten. "Acht Milliarden Euro im Jahr für das öffentliche Fernsehen und alles, was vor ‘Babylon Berlin’ international bekannt geworden ist, ist irgend so eine Polizeiserie von was weiß ich wann."
Netflix wolle den Horizont der Zuschauer erweitern - das gelte auch, obwohl man mit "Dogs of Berlin" nun eine eigene Polizisten-Serie mache. Auf die Frage des "FAZ"-Journalisten Axel Weidemann, warum die Serie gerade in Berlin spielen müsse und dass die Stadt eigentlich "durch" sei, antwortet Sarandos: "Ich weiß." Das sei Netflix auch schon in Frankreich passiert. "Dort haben wir eine Serie aus Marseille gemacht. Stellt sich raus, dass niemand in Paris Marseille mag. Nun guckt keiner aus Paris diese Serie, dabei sitzen dort unsere meisten Kunden." Das hört sich nach weniger guten Nachrichten für "Dogs of Berlin" und die Produktionsfirma Syrreal Entertainment an.
Sarandos äußert sich in der "FAZ" auch zum oft gehörten Vorwurf, durch Netflix würde das Kino sterben. Er ist da natürlich ganz anderer Meinung und sagt: "Wir zerstören das Kino nicht. Die Leute gehen nicht mehr hin. Die Kinoticketverkäufe waren in Amerika jahrzehntelang stabil. Und wenn sie steigen, dann nur, weil sich der Preis der Karten ein wenig erhöht. Aber der Exodus hat lange vor Netflix begonnen." Der Rückgang der Kinozahlen habe mit einem Generationswechsel zu tun, so der Netflix-Manager. "Bei denjenigen, die mit Netflix groß werden, sinkt einfach die Wahrscheinlichkeit, dass sie ins Kino gehen. Zudem werden sie weniger privates Fernsehen konsumieren. Wozu sollen sie sich noch Werbung ansehen?"