Eine schöne Sitzordnung hatten sich die Organisatoren des Mediengipfels der ANGA COM ausgedacht und Dirk Wössner, den Deutschland-Chef der Telekom, direkt zwischen Vodafone-CCO Manuel Cubero und Unitymedia-Chef Lutz Schüler gesetzt, den "Verlobten der Branche", wie sie Moderator Claus Strunz vorgestellt hatte. Und damit war auch das bestimmende Thema der Diskussionsrunde gesetzt: Das anstehende Zusammengehen der beiden großen Kabelnetzbetreiber.

"Große Chance oder großer Skandal", fragte Strunz - und glaubt man der Erzählung von Cubero und Schüler, dann ist es natürlich ersteres. Sie lieferten nochmal die bekannten Argumente: Nach der Übernahme entstünde aus ihrer Sicht endlich ein echter bundesweiter, schlagkräftiger Konkurrent für die Telekom - und der werde auch den rosa Riesen antreiben. "Wir glauben, dass das die Konkurrenz stärken wird. Und wir glauben, dass auch die Konkurrenten mehr investieren werden." Lutz Schüler verwies als Beleg für diese These aufs Ausland - dort sei das Kabelnetz nicht einst geteilt worden, was mit ein Grund dafür, dass die Telekommunikations-Konkurrenten dort von Anfang an aufgrund des stärkeren Konkurrenzkampfes mehr in den Glasfaser-Ausbau investiert hätten und heute viel weiter seien. So viel weiter übrigens, dass man in Deutschland inzwischen laut ANGA-Chef Braun reihenweise Firmen aus Portugal für den Breitbandausbau engagiere, weil er dort weitgehend abgeschlossen sei, während hier die nötigen Arbeitskräfte fürs Verbuddeln der Kabel fehlten.

Telekom-Deutschlandchef Dirk Wössner hielt erwartungsgemäß dagegen. "Wir freuen uns über Wettbewerb. Aber der Wettbewerb muss auch fair sein." Während Vodafone damit argumentiert, dass man nach einem Zusammenschluss lediglich 20 Prozent Marktanteil im Festnetz- und Breitbandmarkt und 37 Prozent Marktanteil im gesamten TV-Markt habe, möchte man bei der Telekom lieber den kabelgebundenen TV-Markt allein betrachten. Dort seien Vodafone und Unitymedia nach einem Zusammenschluss noch dominanter als bislang schon. Als Beleg führte er die Tatsache an, dass die beiden Kabelnetzbetreiber Einspeiseentgelte von den Sendern verlangen können, während kleinere Anbieter, zu denen sich auch die Telekom zählt, im Gegensatz dazu Geld an die Sender zahlen müssten. Manuel Cubero wollte die Kritik mit Verweis auf ein BGH-Urteil, das den Kabelnetzbetreibern diese Einnahmen zugestanden hat, ebensowenig gelten lassen wie den Verweis auf die starke Stellung der Kabelnetzbetreiber in der Wohnungswirtschaft - schließlich gebe es in all diesen Haushalten neben den Kabelanschlüssen auch heute schon Telefonanschlüsse, die Telekom sei also sehr wohl auch vor Ort.

Während die Fronten hier also klar sind, hegen die Medienkonzerne gemischte Gefühle. Sowohl Conrad Albert, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von ProSiebenSat.1, als auch Sky Deutschland-Chef Carsten Schmidt gaben zu Protokoll, mit einer gewissen Besorgnis auf den Zusammenschluss zu blicken, schließlich sehen auch sie sich künftig einem noch deutlich größeren Geschäftspartner mit mehr Marktmacht als bislang gegenüber. Man müsse schon sehr genau darauf achten, dass diese nicht ausgenutzt werden und dass sie ihre Versprechungen was den schnelleren Ausbau der Netze und auch die Fairness gegenüber auch kleineren Sendern gebe. Auch die Frage der Einspeiseentgelte müsse neu aufgerollt werden.

Doch letztlich könnte man sich wohl schon ganz gut mit einem Zusammenschluss arrangieren - nicht zuletzt, weil man sich eine Art Präzendenzfall erhofft, von dem das Signal ausgeht, dass das Kartellamt auch bei anderen Vorhaben im Medienbereich nicht mehr ganz so strikt ablehnend eingreift wie bislang, als insbesondere gemeinsame Initiativen der beiden großen privaten Sendergruppen rundheraus abgelehnt wurden. "Wir müssen generell mehr Partnerschaften ermöglichen, auch bei Inhalteanbietern muss mehr möglich sein", forderte Conrad Albert.

Lutz Schüler hatte schon im vergangenen Jahr deutlich mehr Kooperationen gefordert, stellte aber ernüchtert fest, dass sich zwölf Monate später nichts getan habe. Warum eine gemeinsame OTT-Plattform von RTL und ProSiebenSat.1 undenkbar sein solle, findet jedenfalls nicht nur Conrad Albert in der heutigen Zeit nicht mehr vermittelbar. Das wäre ein Anfang, aber hier dürfe man mit den Überlegungen nicht aufhören: "Man kann gar nicht verrückt genug denken", so Albert. In Zeiten immer internationalerer Märkte dürfe es auch nicht undenkbar sein, dass irgendwann ProSiebenSat.1 die Mediengruppe RTL übernehmen könnte oder umgekehrt - angesichts immer größerer Konkurrenten weltweit müsse man alte Denkgrenzen überwinden. Und in den USA zeigt sich ja gerade in den letzten Monaten tatsächlich in immer höherer Geschwindigkeit, welche kürzlich noch undenkbaren Allianzen und Fusionen plötzlich möglich sind.