Ob sich Ihre Welt noch weiter drehen würde, wenn sich Dagi Bee und Eugen trennen würden? Falls Sie keine Ahnung haben, von wem die Rede ist: Wahrscheinlich. Doch für manch andere würde das Leben auf einmal, übertrieben gesagt, keinen Sinn mehr machen. Wenn sich ein berühmtes YouTube-Pärchen wie die besagten beiden trennen würde, dann ist das "in etwa so, als hätte Beyonce ihre Zwillinge auf dem Mond bekommen und dabei Bibis Song gehört – absoluter Mindfuck!". So beschreiben es immerhin die in "Klicknapped" auftretenden Gaststars Dennis und Benjamin Wolter, bekannt aus dem YouTube-Format "World Wide Wohnzimmer". So wie die Internetstube, wurde auch "Klicknapped" für funk produziert. Radio Bremen, der WDR und MDR Sputnik haben sich für acht Kurzfolgen zusammengetan und die Geschichte über die erfolgreichen YouTuber Manu (Christopher Reinhardt) und Polly (Merle Collet) erzählt, die entführt wurden, weil sie sich getrennt haben.

Völlig verwirrt wachen die beiden in einem Tonstudio auf, das vom 17-jährigen Justus (Filip Januchowski) zum Übergangsgefängnis ummodelliert wurde. Damit erhofft er sich, dass sich die beiden wieder ihrer Liebe besinnen und erneut zu dem strahlenden Paar verschmelzen, das YouTube-Deutschland so sehr liebt. Doch sein kleines "Saw"-Spielchen mag nicht so recht aufgehen, weshalb sich Justus in den zehn Minuten langen Folgen immer mehr auf einen Machtkampf einlassen muss, der kein vernünftiges Ende finden möchte.

Es findet eine Psychohetze statt, die YouTube-Liebhaber schon bei "Wishlist" serviert bekamen. "Klicknapped" ist nach "Wishlist" die zweite Fiction-Webserie, die Radio Bremen federführend für funk verantwortete. Mit an Bord sind außerdem der WDR und MDR Sputnik. Der erste feine Unterschied zwischen den beiden Produktionen liegt aber vor allem im Budget. Denn während bei "Wishlist" einst gesagt wurde, dass die erste Staffel "nicht so teuer" produziert wurde, herrschen bei "Klicknapped" ernsthafte Limitierungen. Die Story spielt größtenteils in einem Raum und wird von drei Darstellern gestemmt, die ein modernes Kammerspiel inszenieren.

"Wishlist" überraschte sich selbst und räumte schlussendlich den Fernseh- und den Grimme-Preis ab. Ziele, die für "Klicknapped" etwas zu weit entfernt sein dürften. Konnte mit der Serie über die App, die Wünsche erfüllt, nämlich auch ein Publikum außerhalb der YouTube-Blase erreicht werden, beschränkt sich "Klicknapped" auf eben diese. In den zehnminütigen Episoden wird durchweg eine tiefironische Sichtweise auf die Plattform und seine Vlogger geworfen, die an vielen Stellen charmant wirkt. Es kommt aber auch der Punkt, an dem man sich fragen muss, wie lange es noch funktioniert, Witze über YouTube-Klischees zu machen. Denn so schön es ist, Selbstironie bei den Machern erkennen zu können, wird der Bogen mit dem fünften Gag über egozentrische Selfiehelden auch irgendwann mal überspannt.

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Wirklich stark wird "Klicknapped" dann, wenn sich Regisseur Oliver Alaluukas auf die Grundpfeiler der Geschichte konzentriert: Auf die Paniksituationen der Gekidnappten, die immer mehr realisieren, wie verrückt ihr Gegenüber eigentlich ist. Genau dann spielt vor allem Januchowski groß auf, dem man nach der Performance nur schwer abkaufen kann, dass er außerhalb dieser Rolle eigentlich ein normaler Junge ist.

Gelungen ist die Auswahl der Darsteller, ebenso wie die atmosphärische Gestaltung des Settings. Dennoch hätte es "Klicknapped" gut getan, etwas mehr von den 45 Millionen Euro zur Verfügung gestellt zu bekommen, die von ARD und ZDF jährlich in funk reingepumpt werden. Um fehlende Kulissen zu kompensieren, die für Abwechslung gesorgt hätten, eilt Alaluukas teilweise zu arg durch die Serie. Dabei hätte es der Serie gerade zu Beginn gut getan, ihre Charaktere erstmal richtig vorzustellen. Das ist gleichzeitig aber auch das Geheimnis einer für YouTube konzipierten Geschichte: Sie prasselt mit allerhand Eindrücken auf ihre Zuschauer ein und ist dann schneller zu Ende, als es einem lieb ist.

Die erste Staffel von "Klicknapped" ist seit seit dieser Woche auf YouTube zu sehen.