Als der "Spiegel" im vergangenen Herbst seine neue Organisation bekanntgegeben hatte, war Claas Relotius noch nicht als Fälscher enttarnt. Damals hieß es, neben dem neuen Chefredakteur Steffen Klusmann sollen auch Barbara Hans und Ullrich Fichtner Chefredakteure werden. Mit Matthias Geyer sollte außerdem ein profilierter "Spiegel"-Journalist Blattmacher werden. Dann kam die Relotius-Affäre und sowohl Fichtner als auch Geyer, beide galten als Förderer von Relotius, ließen ihre neuen Ämter vorerst ruhen (DWDL.de berichtete).

Nun steht fest: Sie werden nicht wie geplant Chefredakteur bzw. Blattmacher. Das hat der "Spiegel" nun via Pressemitteilung bekanntgegeben, Geyer gibt zudem auf eigenen Wunsch die Leitung des Ressorts Gesellschaft ab. Sie verlassen das Nachrichtenmagazin aber nicht und bleiben in wichtigen Positionen beim "Spiegel" beschäftigt. Ullrich Fichtner wird Reporter mit besonderen Aufgaben und als solcher direkt an die Chefredaktion angebunden sein. Er soll Titelgeschichten konzipieren und verfassen und im Auftrag der Chefredaktion große Projekte vorantreiben.

Matthias Geyer arbeitet künftig als Redakteur für besondere Aufgaben, auch er berichtet künftig direkt an die Chefredaktion. Er soll sich zudem im Auftrag von Blattmachern und Chefredaktion insbesondere um die Textqualität kümmern. "Ullrich Fichtner und Matthias Geyer sind hervorragende Journalisten, ich bin daher sehr froh, dass sie auf dem Weg zu einer gemeinsamen Redaktion weiter gestaltend mit dabei sind", sagt Chefredakteur Steffen Klusmann, der nun aber über einen dritten Chefredakteur, einen Blattmacher sowie Leiter des Gesellschaftsressorts entscheiden muss. Die Neubesetzung dieser Positionen soll "in den kommenden Wochen" entschieden werden, heißt es aus Hamburg. Das Gesellschaftsressort wird bis auf Weiteres von der stellvertretenden Ressortleiterin Özlem Gezer geführt.

Steffen Klusmann sagt, dass die Untersuchung der Kommission, die sich mit der Aufarbeitung des Falls Relotius beschäftigt, ergeben habe, dass Ullrich Fichtner und Matthias Geyer "keine persönliche Schuld" an den Betrugsfällen treffe. Klusmann: "Gleichwohl übernehmen sie Verantwortung, um den hohen Maßstäben gerecht zu werden, die wir auch an andere anlegen, und um jegliche Zweifel an der Integrität des ‘Spiegel’ auszuräumen. Dafür gebührt ihnen Respekt."