Am 7. Februar überraschte die Sächsische Landesmedienanstalt abends mit einer kurzen Pressemitteilung, in der man die sofortige Abberufung des langjährigen Geschäftsführers Martin Deitenbeck bekanntgab, gut eine Woche später einigte man sich dann auf eine einvernehmliche Trennung. Als Grund gab man "erhebliche Differenzen zu wesentlichen Fragen der strategischen Ausrichtung" an - will sich aber bis heute nicht konkreter dazu äußern. Man habe Stillschweigen vereinbart, heißt es lediglich.

Klar ist nur: Die SLM hat in den vergangenen Jahren nicht gerade eine gute Figur abgegeben. Der Landesrechnungshof etwa kritisierte eine Überfinanzierung der SLM im Allgemeinen inkl. einer zu hohen Bezahlung der Leitungsebene, es gab einen Rechtsstreit mit der Sächsischen Staatskanzlei über einen überteuerten Kauf einer Immobilie, dazu kommt versemmelte Digitalradio-Vergabe, wegen der laut "Bild" eine 103-Millionen-Euro-Schadensersatzklage drohen soll. Viele Gründe also, wegen derer Deitenbeck, der schon seit 2000 die Geschäft der SLM führte, an Rückhalt verloren hat - weshalb eine Ablösung generell nicht aus heiterem Himmel kommt, was aber nicht die Nacht- und Nebel-Aktion in einer Sondersitzung erklärt.

Mit einem neuen Geschäftsführer wollte der Medienrat - das fünfköpfige Entscheidungsgremium der SLM mit Präsident Sagurna an der Spitze - eigentlich wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen. Ende März hatte man sich bereits auf Hardy Sieglitz, derzeit Verwaltungsleiter der SLM, als Nachfolger geeinigt, der am 8. April gewählt werden sollte. Zuvor musste allerdings die 35-köpfige Versammlung der SLM, in der Vertreter von Politik und "wichtiger gesellschaftlicher Gruppen" sitzen, angehört werden, auch wenn diese kein direktes Mitspracherecht hat.

Dort zeigte man sich mit dem Verfahren aber überhaupt nicht zufrieden. Die Ausschreibung, so der Eindruck der Mehrheit der Versammlung, sei von vornherein auf einen Kandidaten zugeschnitten gewesen und generell intransparent. Letztlich beschloss die Medienversammlung ohne Gegenstimme dem Medienrat, das Bewerbungsverfahren zu stoppen und die Stelle neu auszuschreiben - und zwar mit längerer Bewerbungsfrist und "angesichts der gewandelten Herausforderung im Medienbereich, der Breite der Aufgaben, denen sich die SLM zu stellen hat und der zeitgleich herrschenden schlechten Außenwahrnehmung der SLM, hinsichtlich der Bewerberinnen und Bewerber ein deutlich breiteres Anforderungsprofil bei Qualifikation und Eignung zu fassen".

Die SLM stellte diesen Beschluss zwar auf die Presse-Seite ihrer Website, verschickte sie aber nicht über die üblichen Kanäle. Das brachte das Fass dann endgültig zum Überlaufen: Christoph Lötsch, der stellvertretende Vorsitzende der Versammlung der SLM, sprach von einem "ungeheuerlichen" und "einzigartigen Vorgang". Der Kritik der Versammlung der SLM schlossen sich auch Landespolitiker an, die eine Änderung des Sächsischen Privatrundfunkgesetztes forderten, die der Versammlung deutlich mehr Mitspracherecht einräumen soll. Derzeit sei das Gremium im Vergleich mit anderen Landesmedienanstalten mit "verschwindend geringen Vollmachten ausgestattet", kritisiert etwa Antje Feiks, medienpolitische Sprecherin der Fraktion der Linken, ähnlich äußerte sich die medienpolitische Sprecherin der Grünen, Claudia Maicher, die wiederum Unterstützung von ihrem SPD-Kollegen Dirk Panter erhielt.

Nach so viel Gegenwind nahm der Medienrat am Montag nun erstmal davon Abstand, seine Wahl durchzudrücken und vertagte die Entscheidung auf unbestimmte Zeit. Zunächst müsse versucht werden, "die Kommunikation zwischen Medienrat und Versammlung zu verbessern", heißt es in dem Beschluss. Dazu habe man bereits eine Reihe von Ad-hoc-Maßnahmen beschlossen und Rüdiger Steinmetz auf Seiten des Medienrates zum ersten Ansprechpartner für die Versammlung gemacht. Er werde den Medienrat künftig in der Versammlung vertreten, auch die Verwaltung der SLM wird bis auf weiteres anderweitig in der Versammlung vertreten werden. Die Versammlung bitte man, ihrerseits zu prüfen, "welche Maßnahmen dort ergriffen werden können, um die Kommunikation zwischen beiden Organen zu verbessern". Allgemein wolle man "zeitnah in intensive Gespräche" eintreten, um die Auseinandersetzung um das Stellenbesetzungsverfahren "zu einem guten Ende zu bringen".