Foto: CiceroDie "Cicero-Affäre" schlug im vergangenen September hohe Wellen. Ein dutzend Mitarbeiter des Landeskriminalamts durchsuchten einen ganzen Vormittag lang die Redaktionsräume des Magazins "Cicero". Auch die private Wohnung des Journalisten Bruno Schirra wurde durchsucht. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Schirra soll "Beihilfe zum Geheimnisverrat" geleistet haben.

Sein Vergehen: Er veröffentlichte Informationen, die er aus vertraulichen Papieren des BKA, die ihm zugespielt wurden, bekommen hatte. Klingt nicht ungewöhnlich - und ist es auch nicht. So funktioniert investigativer Journalismus, nur so können Skandale aufgedeckt werden, nur so wirken die Medien tatsächlich als "vierte Gewalt" im Staat. Schnell wurde aus der Aktion ein grundsätzlicher Streit über die Pressefreiheit und Grenzen staatlicher Ermittlungen.

Auf der einen Seite stand der damalige Bundesinnenminister Otto Schily, der klarstellte "So kann man mit einem Staat nicht umspringen". Auf der anderen Seite stand annähernd die gesamt Presse, die einen Einschüchterungsversuch ausmachte. Auch aus der Politik gab es überwiegend Kritik am Vorgehen der Ermittlungsbehörden, so sprach Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm ebenfalls von einem "Angriff auf die Pressefreiheit".

Nichtsdestotrotz sollte der Journalist Bruno Schirra nun vor Gericht gestellt werden wegen "Beihilfe zum Geheinmisverrat". Doch der Prozess endete noch bevor er angefangen hatte in der größtmöglichen Peinlichkeit für Ermittler und Ankläger: Das Landgericht Potsdam lehnte die Aufnahme des Prozesses ab, weil nicht einmal ein hinreichender Tatverdacht bestehe.

Als Begründung nennen die Potsdamer Richter zwei Argumente. Einmal sei der BKA-Bericht, aus dem Schirra berichtet hatte, schon im November 2004 von einem französischen Journalisten zitiert worden. Da das Geheimnis somit gar keines mehr gewesen sei, konnte man wohl auch kaum Beihilfe zum Geheimnisverrat leisten.

Von Bedeutung für die Zukunft ist vor allem aber das zweite Argument, falls sich diese Rechtsauffassung auch über das Landgericht Potsdam hinaus durchsetzen sollte: So könnte die Motivation des - immernoch unbekannten - "Cicero"-Informanten auch gewesen sein, Schirra bloß Hintergrundinformationen zukommen zu lassen, ohne eine Veröffentlichung anzustreben. Damit sei der Geheimnisverrat in dem Moment der Übergabe an Schirra vollendet - eine Beihilfe danach wäre somit gar nicht mehr möglich.

Der Spott ist den Ermittlern und Anklägern nach dieser Entscheidung nun erst einmal sicher. Eine "schallende Ohrfeige" für die Staatsanwaltschaft sei das, erklärte der Verteidiger des ebenfalls beschuldigten schweizer Journalisten Johannes von Dohnanyi, als "Genugtuung" bezeichnete Cicero-Chefredakteur Wolfram Weimer die Entscheidung. Doch noch ist "Cicero-Affäre" nicht beendet. Zum einen kann die Potsdamer Staatsanwaltschaft nun noch Einspruch einlegen, zum anderen klagt "Cicero" gegen die Razzia noch vor dem Bundesverfassungsgericht. Durch die Entscheidung sehe sich das Magazin jetzt jedoch noch bestärkt in seiner Rechtsauffassung.