RTL hatte am Dienstag nach Essen geladen, um das "außergewöhnlichste Live-Event dieses Jahres" vorzustellen - "und das ist nicht der Domino Day", wie Unterhaltungschef Kai Sturm sagte, sondern die Neuinszenierung der Passionsgeschichte aus der Bibel als gut zweistündiges Live-Musik-Event zu Ostern, untermalt von bekannten deutschen Popsongs. Oder besser gesagt: Kurz vor Ostern, RTL zeigt "Die Passion" schon am Mittwoch, 8. April. Das ganze Vorhaben klingt erstmal ein wenig skurril, doch Thomas Gottschalk, der als Erzähler durch die Geschichte führen wird, betont: "Man kann als Spötter natürlich sagen: Muss sowas sein? Ich habe auch gezuckt, als ich Marias Krokodilstränen im Trailer gesehen habe. Aber jeder, der an diesem Projekt beteiligt ist, nimmt das ernst."

Und die Liste der Beteiligten vor der Kamera liest sich überraschend. Dabei verwundert es noch mit am wenigsten, dass Alexander Klaws und damit der Gewinner der ersten "DSDS"-Staffel die Hauptrolle des Jesus übernimmt. Die weiteren Hauptrollen fallen Laith Al-Deen als Petrus, Mark Keller als Judas, Jürgen Tarrach als Pilatus, Ella Endlich als Maria und Martin Semmelrogge als Barrabas zu. Für Aufsehen sorgt nicht zuletzt die Besetzung der zwölf Jünger. Hier bewegt man sich in einem sehr illustren Spektrum von Prince Damien bis "Prince Charming" Nicolas Puschmann.

Außerdem mit dabei: Samuel Koch, Gil Ofarim, Sarah Elena Timpe, Stefan Mross, Anna-Carina Woitschack, Sila Sahin, Thomas Enns, Mareile Höppner. Damit steht also fest: Anders als im Original sind diesmal auch weibliche Jünger mit von der Partie. Doch alle Beteiligten betonen ja ohnehin, dass es sich - aller betonten Ernsthaftigkeit zum Trotz - hier mitnichten um eine kirchliche Veranstaltung handeln soll. Thomas Gottschalk stellt klar: "Ich bin hier nicht als ernsthafter Bibelforscher unterwegs und RTL will damit auch nicht die Kirchenaustritte stoppen. Es soll Menschen unterhalten, aber es sollte sie auch zum Besseren bewegen."

Ganz ohne ernsthaften Bibelforscher als Berater geht's dann aber trotzdem nicht, diese Aufgabe übernimmt der Theologe Prof. Dr. Michael Tilly. Auch er stellt klar, dass man hier keine kirchliche oder theologische Veranstaltung mache. Vielmehr nähere man sich von der Seite her, dass man ein großes Stück Weltliteratur, das seit 2.000 Jahren begeistere, den Menschen wieder näher bringen zu wollen. Dabei wolle man niemandem auf den Schlips treten. "Wir treten anderen Religionen mit großer Hochachtung, in Liebe und Freundschaft gegenüber", so Tilly. "Das Letzte, was wir wollen, ist in irgendeiner Weise anzuecken." Auch wenn Gottschalk zu bedenken gibt: "Man wird es nicht über die Bühne bringen können, ohne dass sich irgendjemand auf die Füße getreten fühlt."

Dass es hier nicht um eine christliche Veranstaltung geht, bewog auch Nazan Eckes zum Mitmachen. Sie wird eine in Essen gleichzeitig stattfindende Prozession, bei der ein leuchtendes Kreuz durch die Stadt getragen wird, als Reporterin begleiten. Dazu sind, wie RTL schon vor längerem bekanntgab, Menschen aller Glaubensrichtungen eingeladen. Wer hier teilnehmen will, muss sich allerdings vorab online auf rtl.de/diepassion anmelden, was ab sofort möglich ist. Es gehe um eine gesellschaftliche Veranstaltungen und darum, dass Religionen aufeinander zugehen, so Eckes.

Neben dieser Prozession ist der Hauptteil aber die Darstellung der Geschichte von Verrat, Leiden und Sterben, aber auch von Hoffnung, Liebe und Vergebung, die in die heutige Zeit transportiert werden soll. Dargestellt wird sie an verschiedenen Schauplätzen in Essen, zum Leben erweckt durch deutsche Popsongs - hier ist RTL bislang noch weitere Details schuldig geblieben. Neben den schon genannten Darstellern sind aber in jedem Fall auch noch weitere prominente Namen mit dabei. Nelson Müller etwa als Brotverkäufer, Wolfgang Bahro aus "GZSZ" als Verbrecher, auch kurze Auftritte von Reiner Calmund, Katy Karrenbauer, Ingolf Lück und Rebecca Siemoneit-Barum sind angekündigt, viele weitere sollen noch dazu kommen.

Kai Sturm erklärt: "Die Grundgedanken der Passionsgeschichte gehen weit über einen rein religiösen Hintergrund hinaus und handeln von menschlich universellen und zeitlosen Themen. Deshalb hat die Geschichte auch in der heutigen Zeit nicht an Bedeutung verloren. Ich bin fest davon überzeugt, dass unsere Zuschauer - ob sie religiös sind oder nicht - die emotionale Kraft spüren und auf ihr eigenes Leben übertragen können. Mit dieser Geschichte zeigen wir Haltung und dass es sich lohnt, gemeinsam füreinander einzustehen. Hier geht es um Respekt und Liebe für den Nächsten - unabhängig von Herkunft und Religion."

Und warum wagt sich RTL gemeinsam mit Mediawater und Kimmig Entertainment nun an dieses Mammut-Projekt, für das es in Holland schon seit 2011 ein sehr erfolgreiches Vorbild gibt? "Das ist unsere Abwehrwaffe gegen Streamingdienste", sagt Unterhaltungschef Kai Sturm, der damit die Strategie seines Senders, verstärkt auf Live-Events zu setzen, unterstreicht. "Wir als RTL können das so groß inszenieren wie niemand anderer." Thomas Gottschalk fügt hinzu: "Ich hätte mir ja gewünscht, die öffentlich-rechtlichen würden das machen." Aber schon in der Bibel heiße es ja, dass die Freude im Himmel über einen Sünder, der Buße tut, größer sei als über 99 andere, die keine Buße nötig hätten...