Disney hatte Großes vor: Zwei Tage lang wollte der Unterhaltungsriese in London für den Europa-Start seines Streamingdienstes trommeln. Hunderte Brancheninsider, Journalisten und Prominente hatte man dafür in die britische Hauptstadt eingeladen - doch dann machte das Coronavirus dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. Anstelle von Glanz und Gloria muss jetzt eine simple Pressemitteilung richten, in der der Micky-Maus-Konzern zum Angriff auf Netflix und Amazon bläst.

Viel Neues hatte Disney ohnehin nicht mehr zu verkünden, schließlich ist vier Monate nach dem Startschuss in den USA längst klar, was vom 24. März an auch die Kundschaft in Deutschland, Großbritannien und weiteren europäischen Ländern erwartet. Sicher ist: Fans von Disney, Pixar, Marvel, Star Wars und National Geographic dürften bei Disney+ auf ihre Kosten kommen. Und mit einem Kampfpreis von 6,99 Euro für einen Monat oder 69,99 Euro für ein ganzes Jahr zeigt Disney, wie ernst man es meint. Wer bis zum 23. März bucht, zahlt für das Jahresabo sogar zehn Euro weniger.

Dass der Plan aufgehen könnte, legt der Blick über den großen Teich nahe. Dort zählt Disney+ schon jetzt mehr als 30 Millionen Abonnenten, was auch an den vielen bekannten Marken liegen dürfte, die den Launch ganz sicher erleichtern. Mit mehr als 500 Filmen, über 350 Serien und 25 exklusiven Produktionen könnte der Aufschlag jedenfalls kaum größer sein. Zu den sogenannten Originals gehören unter anderem "High School Musical: Das Musical: Die Serie" und "The World According to Jeff Goldblum" sowie die Filme "Susi und Strolch", "Togo: Der Schlittenhund" und "Timmy Flop: Versagen auf ganzer Linie".

Disney+

So sieht die Benutzeroberfläche von Disney+ aus

"Star Wars"-Fans dürften zudem "The Mandalorian" mit Spannung erwarten. Dazu kommen von "Star Wars" die Episoden 1 bis 8, ehe im Sommer "Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers" folgen wird. Im Marvel-Bereich gibt's etwa "Captain Marvel", "Guardians of the Galay" und "Avengers: Endgame" zu sehen, Pixar steuert Filme wie "Oben" und "Findet Dorie" bei. Disney-Klassiker wie "Das Dschungelbuch" und "Arielle, die Meerjungfrau" sind ebenso dabei wie neuere Produktionen, darunter "Die Eiskönigin", "Rapunzel" und "Der König der Löwen". Punkten will Disney+ darüber hinaus mit den "Simpsons" - alle 30 Staffeln der kultigen Zeichentrickserie stehen hier zum Abruf bereit. 

Direkt zum Start wirbt Disney+ dafür, auf nahezu allen bekannten Mobilgeräten und internetfähigen TV-Geräten verfügbar zu sein, darunter auch auf Spielkonsolen. Nutzer können bis zu vier Endgeräte gleichzeitig nutzen. Daneben sollen unbegrenzte Downloads und die Möglichkeit, bis zu sieben personalisierte Profile anlegen zu dürfen, die Kundschaft locken. Eltern können zudem eigene Kinder-Profile anlegen, auf denen ausschließlich kindgerechte Inhalte angezeigt werden.

Die meisten Fragen hat Disney mit Blick auf seinen Streamingdienst etwas mehr als zwei Wochen vor dem Start somit beantwortet. Hinsichtlich der Deutschland-Strategie bleiben dennoch einige Fragezeichen. Da geht es etwa um die perspektivische Rolle der Disney Channels im Free-TV, dessen Quoten in den zurückliegenden Monaten spürbar anstiegen. Beim Konkurrenten Super RTL, an dem Disney zur Hälfte beteiligt ist, wird man die Entwicklung besonders genau begutachten. Im Pay-TV hatte Disney sein Angebot im vorigen Jahr bereits ausgedünnt und den Filmsender Disney Cinemagic eingestellt. Auch Disney XD hat offenbar keine Zukunft mehr. Bei Vodafone wurde der Sender inzwischen abgeschaltet. Nichts, so scheint es, soll den Erfolg von Disney+ gefährden. Erst recht nicht die Konkurrenz aus dem eigenen Haus.