Das Coronavirus Sars-CoV-2 hält die Welt in Atem. Auch im Fernsehen sind die Auswirkungen inzwischen spürbar - und das liegt längst nicht nur an zahlreichen Sondersendungen, die mittlerweile ins Programm genommen worden sind. TV-Sender verzichten auf Studio-Publikum und bei Fußball-Übertragungen sind immer seltener Fan-Gesänge zu hören, weil die Mannschaften vermehrt in Geisterspielen gegeneinander antreten müssen. Sofern die Partien überhaupt noch stattfinden.

Tatsächlich mehren sich seit wenigen Tagen die Stimmen derjenigen, die eine Absage von Fußballspielen fordern. Die Deutsche Eishockey-Liga hat mit dem vorzeitigen Ende der Saison bereits gezeigt, wohin der Weg gehen könnte. Inzwischen haben aber auch die Basketball- und Handball-Bundesliga angekündigt, ihren Spielbetrieb vorerst einzustellen. Und im Fußball-Bereich befinden sich die italienische Serie A und die spanische La Liga bereits im unfreiwilligen Pausen-Modus. Ob die Saison fortgesetzt wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt wohl niemand mit Sicherheit sagen.


Während die Bundesliga vorerst auf Geisterspiele setzen will, stehen inzwischen auch Champions und Europa League auf der Kippe - und selbst die Fußball-EM im Sommer könnte dem Coronavirus zum Opfer fallen. Am Donnerstag teilte die UEFA mit, man wolle am kommenden Dienstag mit verschiedenen Interessensgruppen über den weiteren Verlauf beraten zu wollen. "Die Diskussionen werden alle nationalen und europäischen Wettbewerbe, einschließlich der UEFA Euro 2020, umfassen", heißt es von Seiten des Fußballverbands. Ausgang auch hier: Offen.

Mit Spannung dürfte man bei ARD und ZDF auf das Ergebnis der Diskussion warten, immerhin haben die öffentlich-rechtlichen Sender viel Geld für die TV-Rechte bezahlt. Auch bei den Vermarktern ist eine mögliche Absage inzwischen das große Gesprächsthema, wie sich vor wenigen Tagen in Düsseldorf bei einer Veranstaltung von AS&S im Düsseldorfer Fußballstadion zeigte. Zwar trommelte Michael Lina, der Sportmarketing-Chef des ARD-Vermarkters, vor einer Corona-bedingt überschaubaren Zahl an Gästen für die EM. Doch ob er seinen Werbekunden die begehrten Fußball-Umfelder im Sommer wirklich bieten kann, vermochte auch er nicht zu sagen.

Großes Interesse an Werbeplätzen im EM-Umfeld

TV-Geschäftsleiter Uwe Esser (Foto) macht keinen Hehl daraus, dass ein Sommer ohne Europameisterschaft aus finanzieller Sicht bitter wäre. "Natürlich hoffe ich, dass wir um das Extremszenario, einen Ausfall der EM, herumkommen. Aber klar, ein Wegfall der EM wäre nicht nur für die Zuschauer und Fans sehr schade, sondern würde auch unsere Umsatzziele für 2020 empfindlich treffen", sagte Esser gegenüber DWDL.de. Ähnlich äußert sich Christoph Lüken, der beim ZDF-Werbefernsehen das Marketing leitet. Eine Absage wäre "sehr bedauerlich", weil die Buchungen der Kunden in diesem Fall gegenstandslos wären. 

Uwe Esser und Christoph Lüken

Uwe Esser (AS&S) und Christoph Lüken (ZDF-Werbefernsehen)

Sollte es zu einer Verschiebung kommen, könnten Kunden das Umfeld allerdings zu einem späteren Zeitpunkt belegen, so Lüken, der sich mit den bisherigen Buchungen "sehr zufrieden" zeigt. "Auch wenn wir ein Spiel mit deutscher Beteiligung nur optional anbieten können - dafür müsste Deutschland seine Vorrundengruppe gewinnen und das Viertelfinale erreichen - verfängt unsere Strategie. Spiele ohne Deutschland haben, egal in welchem Stadium des Turniers und unabhängig von der Paarung, ein einheitliches Preisgefüge. In den wesentlichen Inseln sind wir zudem bis zu 29 Prozent günstiger als der Wettbewerb."

Anders als das ZDF könnte die ARD in der Vorrunde immerhin eine Begegnung mit der deutschen Mannschaft, nämlich jene gegen Europameister Portugal, im werberelevanten Umfeld senden. "Entsprechend schnell und frühzeitig sind wir in die Vermarktung gegangen, entsprechend rasch kamen die Buchungen", sagt Uwe Esser. "Das Interesse ist da bislang genauso hoch wie bei früheren Fußball-Ereignissen dieser Größenordnung." Doch über all den Vermarktungsfragen schwebt seit einigen Tagen plötzlich ein großes Fragezeichen.

Im Falle einer Absage müssten ARD und ZDF im Sommer auf ihr Regelprogramm setzen. "Zum Glück haben wir als AS&S seit 2015 in unserem linearen TV-Programm eine starke Reichweiten-Performance - Stichwort Quiz-Boom." Klar ist aber auch: Ohne Fußball-Europameisterschaft dürfte es nicht nur für Fans ein trister Sommer werden, sondern auch für diejenigen, die darauf vertraut haben, mit dem Turnier Geld verdienen zu können. Und in der Ferne türmt sich bereits das nächste Problem auf. Eine Absage der Olympischen Sommerspiele gilt ebenfalls nicht als ausgeschlossen.