Höhere Reichweiten, aber sinkende Werbeeinnahmen - dieses Ungleichgewicht ist die große Herausforderung, mit dem die privaten Fernsehunternehmen in Zeiten der Corona-Krise zu kämpfen haben. Die RTL Group schätzt, dass die Netto-TV-Werbemärkte im ersten Quartal in allen Kernmärkten rückläufig waren. In Deutschland fällt das Minus demnach zwischen 4,0 und 4,5 Prozent allerdings nicht so hoch aus wie etwa in Frankreich, wo gar ein Rückgang um zwölf Prozent vermutet wird. Klar, dass auch die Luxemburger nicht verschont blieben und vor dem Hintergrund der Krise bereits vor einigen Wochen ankündigten, die Dividende zu streichen. 

CEO Thomas Rabe übt sich indes nach wie vor an einem Spagat. "Bei der RTL Group beobachten wir weiterhin die schnelle weltweite Ausbreitung der vom Coronavirus verusachten Krankheit und räumen dabei der Gesundheit unserer Mitarbeiter und dem Schutz unserer Geschäfte die höchste Priorität ein", sagte Rabe am Donnerstag bei der Vorlage der Geschäftszahlen für das erste Quartal 2020. Gleichzeitig verwies er auf "signifkant höhere Reichweiten und Nutzungszahlen" in Zeiten der Krise und betonte, dass die Geschäfte der RTL Group "Teil der kritischen Infrastruktur in ihren jeweiligen Ländern" seien.

Die ersten Stornierungen für Werbebuchungen und Verschiebungen von Produktionen habe man Anfang März registriert. "Dieser Trend hat sich in der zweiten März-Hälfte mit der Einführung weitgehender Schutzmaßnahmen in ganz Europa beschleunigt. Wir machen gute Fortschritte bei der Umsetzung von Gegenmaßnahmen, um Kosten zu reduzieren und Liquidität zu sichern", so der CEO. Konkret sank der Gesamtumsatz der RTL Group im ersten Quartal 2020 um 3,4 Prozent auf 1,466 Milliarden Euro. Das Minus sei hauptsächlich auf niedrigere TV-Werbeumsätze infolge der Pandemie zurückzuführen. Der bereinigte Umsatz betrug 1,441 Milliarden Euro.

Mehr als 1,5 Millionen Streaming-Abonnenten

Der Umsatz aus den Sendergeschäften der RTL Group sank um 4,8 Prozent auf 1,035 Milliarden Euro. Geringer fiel der Umsatzrückgang bei der Inhalteproduktion, also bei Fremantle, aus. Dieser sank nur um 1,3 Prozent. Der Digitalumsatz stieg dagegen sogar um 5,9 Prozent, hat mit 233 Millionen Euro aber noch einen vergleichsweise geringen Anteil und kann das Minus aus dem klassischen Fernsehgeschäft daher nicht ausgleichen. Die gute Nachricht: Im Streaming betrug das Umsatzplus gar 19,4 Prozent auf 37 Millionen Euro - hier profitiert die RTL Group von der wachsenden Anzahl an Streaming-Abonnements. Immerhin 1,53 Millionen zahlende Abonnenten zählten TVNow in Deutschland und Videoland in den Niederlanden, 34 Prozent mehr als im Vorjahr. 

Trotz der wirtschaftlichen Unsicherheit soll die Strategie der RTL Group unverändert bleiben, betonte Thomas Rabe. So wolle man an den mittelfristigen Zielen für die Streamingdienste festhalten, deren Abonnentenzahl auf fünf bis sieben Millionen steigen soll, um den Streaming-Umsatz auf mindestens 500 Millionen Euro zu erhöhen. Der Break-even von TVNow und Videoland werde für das Jahr 2025 erwartet. "Das Wachstum der zahlenden Abonnenten und des Streamingumsatzes im ersten Quartal 2020 entspricht den Wachstumsplänen, die wir im März präsentiert haben", sagte der CEO. Doch wie es konkret in diesem Jahr weitergeht, ist unklar: "Die RTL Group ist momentan nicht in der Lage, einen neuen Ausblick für das Geschäftsjahr 2020 zu geben."