Horst Seehofer rudert nach Kritik zurück und wird nun doch keine Anzeige gegen die "taz"-Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah stellen, das hat er in einer Pressemitteilung bestätigt. Darin verweist der Innenminister unter anderem darauf, dass es bereits Strafanzeigen gebe und die Staatsanwaltschaft diese von Amts wegen prüfe müsse. Yaghoobifarah hatte unter der Überschrift "All cops are berufsunfähig" einen Text geschrieben, in dem sie über eine mögliche Abschaffung der Polizei und mögliche alternative Arbeitsplätze für Polizisten nachdachte - darunter beispielsweise bei der Mülldeponie. Das sorgte für viel Kritik, "taz"-Chefredakteurin Barbara Junge sagte bereits, der Text tue ihr leid. 

Seehofer erntete für die Ankündigung der Anzeige gegen die Journalistin viel Kritik und tauchte daraufhin ab - nun also die Rolle rückwärts. Ihm gehe es nicht um die Strafverfolgung einer Person und auch nicht um einen Eingriff in die Pressefreiheit, sagt der Innenminister. "Mir geht es im Gegenteil darum, dass wir dringend eine gesellschaftliche Diskussion darüber führen müssen, wie wir in dieser Gesellschaft miteinander umgehen und wo die Grenzen einer Auseinandersetzung sind." Man müsse auf die Verrohung in der Gesellschaft reagieren, das beginne mit der Wahl von Worten. "Niemand hat das Recht, einen anderen Menschen in einer solchen Weise zu verletzen und ihm die Menschenwürde abzusprechen. Dafür stehe und kämpfe ich. Polizistinnen und Polizisten sind in unserem Land nicht Feindbild, sondern Vorbild."

Statt einer Anzeige will Seehofer  die Chefredaktion der "taz" nun ins Bundesinnenministerium einladen, "um mit ihr den Artikel und seine Wirkung zu besprechen". Außerdem wird sich Seehofer an den Deutschen Presserat wenden, damit sich der mit dem Fall beschäftigt. Es gibt bereits jetzt einige Beschwerden beim Presserat, unter anderem eingereicht von Polizeigewerkschaften. In seinen Augen stelle der Text einen "schweren Verstoß gegen den Pressekodex" dar, so Seehofer. Mit der Kolumne würden die "menschenverachtende Wortwahl auch Straftatbestände erfüllt" werden. 


Seehofer: "Seit längerer Zeit beobachte ich eine deutliche Zunahme von Fällen, in denen Polizistinnen und Polizisten sowie Angehörige von Feuerwehren und Rettungskräften in krasser Weise beleidigt, verächtlich gemacht und - teils durch Worte, teils durch Taten - Opfer von Gewalt werden. Die kritische Begleitung und Auseinandersetzung mit der Tätigkeit der Polizei durch die Medien ist in einer offenen Gesellschaft geboten und unerlässlich und selbst überzogene oder unsachliche Kritik müssen und können wir gut aushalten. Es gibt aber Grenzen des Umgangs miteinander, die in einer freiheitlichen Gesellschaft nicht überschritten werden dürfen. Diese Grenzen gelten auch zum Schutze derjenigen, die sich tagtäglich für den Erhalt unserer freiheitlichen Gesellschaft einsetzen."

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