Foto: NDRNachdem die Tageszeitung im vergangenen Jahr Verluste in Millionenhöhe hinnehmen musste, gibt Vorkötter sich im Interview der "Horizont" optimistisch. Zwar sei der Sanierungsprozess, der sich augenblicklich vollzieht, weiterhin schwierig, es gehe aber nun nicht mehr um die "nackte Existenz". Ziel sei es nun, bis 2008 mit dem Blatt in die schwarzen Zahlen zu kommen.
 
Das will der Chefredakteur mit einer weniger defensiven Vorgehensweise erreichen, als es bei der FR bisher der Fall war. Publizistisch solle das Blatt ein stärkeres Gewicht bekommen. Gerade die aktuelle politische Situation in Deutschland stellt für den Zeitungsmacher eine große Chance dar. In der großen Koalition sieht er "eine Herausforderung und eine große Chance für kritische Medien, weil sie sich als außerparlamentarisches korrektiv profilieren können".
 
 
Auch in der anvisierten Umstellung des Blattes auf das handliche Tabloid-Format, das der halben Größe des derzeitig verwendeten nordischen Fomates entspricht, sieht Vorkötter gute Möglichkeiten für die FR. Zwar sei die Umstellung noch nicht definitiv entschieden - eine Nullnummer soll im November vorgelegt werden -, aber der Chefredakteur sieht darin gute Möglichkeiten für sich und sein Team: "Journalistisch wären wir durch das Tabloid-Format variabler und vielfältiger", sagt er gegenüber der "Horizont". Ihm geht es dabei nicht um kurzfristige Veränderungen, sondern um eine langfristige strategische Entscheidung: "Verändern und entwickeln wir die FR schrittweise, oder wagen wir einen großen Sprung in die Zukunft?", beschreibt er die zentrale Frage im derzeitigen Entscheidungsprozess.
 
Strategische Entscheidungen stehen auch im Online-Segment an, das für die Zeitungen immer mehr an Bedeutung gewinnt. Schritt für Schritt soll die Redaktion für Internet-Inhalte ausgebaut werden. Derzeit werde auch hier ein schlüssiges Konzept entwickelt, um zu klären, welcher Content über welchen Vertriebskanal publiziert werden sollte.

Auch junge Zielgruppen hat die FR im Blick. So startete man vor Kurzem mit FRiSCH ("Frankfurter Rundschau in der Schule") ein Projekt, das junge Menschen zum Zeitungslesen animieren soll. Neben der Versorgung von Schulen mit dem Blatt gibt es zusätzlich eine wöchentliche Seite, die ebenfalls von jungen Lesern bestückt wird. Auch in Kindertagesstätten ist die FR inzwischen aktiv. Und da eine eigene Buchreihe für eine Zeitung inzwischen ja fast obligatorisch ist, bietet natürlich auch die "Frankfurter Rundschau" eine an.

Nachdem die Frankfurter Rundschau 2004 in eine existenzielle Krise geraten war, wurde das Blatt von der SPD-Holding DDVG übernommen. Im vergangenen Juli dann stieg der Kölner Verlag M. DuMontSchauberg (u.a. Kölner Stadtanzeiger) mit 50 Prozent bei den Frankfurtern ein. Weitere 40 Prozent verbleiben bei der DDVG. Auch Vorkötter verneint die immer wieder gestellte Frage nach Begehrlichkeiten seitens der SPD, Einfluss auf das als linksliberal geltende Blatt zu nehmen. Eine Beeinflussung der Redaktion durch die Partei schließt Vorkötter für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aus.