Nach einem völlig verunglückten Talk über Rassismus, einem Themenabend, bei dem einige der eingeladenen Gäste nicht kommen wollten und Blackfacing-Szenen ist der WDR gerade erst wieder halbwegs zur Ruhe gekommen - und jetzt gibt es schon den nächsten Rassismus-Eklat in einem ARD-Sender. Dieses Mal trifft es aber nicht den WDR, sondern den BR. Dort lief am vergangenen Donnerstag eine neue Ausgabe der Kabarettsendung "SchleichFernsehen". Kabarettist Helmut Schleich betrieb dort ebenfalls Blackfacing. 

Die Szene ist am Anfang der rund 43-minütigen Sendung zu sehen. Schleich spricht erst über den aktuellen Zustand der Union und den Kanzlerambitionen von Armin Laschet und Markus Söder. "Es braucht mal wieder einen wirklich schwarzen Kanzlerkandidaten", sagt Schleich und das ist insofern unproblematisch, als dass auch konservative Politiker der Union gemeinhin als "schwarz" (SPD: rot) bezeichnet werden. Dann aber kommt der Kabarettist auf Franz Josef Strauß zu sprechen und spekuliert darüber, was eigentlich wäre, wenn dieser "bei seinen zahlreichen Besuchen in Schwarzafrika nicht nur einen bleibenden Eindruck, sondern auch einen Sohn hinterlassen hat". 

Es folgt ein Sketch, in dem Helmut Schleich die Figur des Maxwell Strauß spielt. Die von ihm erfundene Figur ist eben der uneheliche Sohn von Franz Josef Strauß und gleichzeitig Diktator in Afrika - und schwarz. Für die Rolle hat sich Schleich das Gesicht schwarz angemalt - also klassisches Blackfacing betrieben. Am Freitag machte der Ausschnitt aus der Sendung in den sozialen Netzwerken die Runde, bei Twitter gab es viele Beschwerden und Kritik. 

"Wir müssen doch auch mal querschießen. Querdenken…"

Schleich hat die Rolle des afrikanischen Diktators übrigens nicht zum ersten Mal gespielt. Vor rund zwei Wochen ist ein Interview mit Schleich und Monika Gruber im "Münchner Merkur" erschienen. Darin sprachen die beiden auch über vermeintliche "Political Correctness" in der Comedy und Künstler, die in der Vergangenheit rassistische Stereotype bedient und sich mittlerweile entschuldigt haben.  Er spiele die Figur des Maxwell Straß immer mal wieder, sagt Schleich in dem Interview. "Und plötzlich fragst du dich, ob du diese Figur noch spielen kannst mit schwarz angemaltem Gesicht." Der Kabarettist ist inzwischen offensichtlich zu einer Antwort gelangt und sie lautet: Ja, er darf das. Einen "sterilen Vortrag über Kolonialismus zu halten" sei beileibe nicht lustiger, so Schleich. 

Monika Gruber sagt in dem Interview außerdem, dass man damit rechnen müsse, einen Shitstorm zu bekommen, wenn man sich kritisch mit der Corona-Politik beschäftige und das bei den Öffentlich-Rechtlichen sage. Schleich entgegnet daraufhin, im BR sei das "unproblematisch". Und als der Interviewer nachfragt, ob der Kabarettist dort "diese Narrenfreiheit" noch habe, antwortet Schleich: "Ja. Und das ist auch wichtig, weil ich wirklich das Kritische bei manchem Kollegen vermisse. Wir müssen doch auch mal querschießen. Querdenken…". Wobei Helmut Schleich direkt in der nächsten Antwort Wert auf die Feststellung legt, dass "Querdenken" die "ureigenste Aufgabe des Kabaretts" sei. Mit den sogenannten Querdenkern habe man nichts zu tun. 

Das BR-Format "SchleichFernsehen" gibt es seit mittlerweile gibt es seit fast zehn Jahren im BR. Pro Monat wird eine Sendung produziert. Die Ausgabe am Donnerstag kam auf insgesamt 980.000 Zuschauer, der Marktanteil beim Gesamtpublikum lag bei sehr guten 3,2 Prozent. Wie hoch der Marktanteil im Sendegebiet des BR war, ist derzeit unklar. Dazu liegen noch keine Daten vor. 

Das sagen Redaktion und Schleich

Update (16:10 Uhr): Inzwischen haben sich die "SchleichFernsehen"-Redaktion und Helmut Schleich selbst in der Sache zu Wort gemeldet. Von der Redaktion heißt es, die Diskussionen zum Thema Blackfacing und die Problematik des Themas seien der Redaktion bewusst gewesen. Deshalb habe man im Vorfeld der Sendung lange mit Schleich über den Beitrag diskutiert. "In einem Satireformat muss dem Künstler aber auch ein bestimmter Freiraum für satirische Überhöhungen zugebilligt werden. Die künstlerische Freiheit ist ein hohes Gut, lotet aber manchmal auch Grenzen aus. So auch bei der Parodie des Politikers Franz Josef Strauß." Von Anfang an habe Klarheit darüber bestanden, dass es sich in dem Solo der von Helmut Schleich um eine Karikatur von Franz Josef Strauß handele. "Als Kunstfigur ist diese nicht losgelöst vom Text zu beurteilen: Inhalt des Solos ist das autoritäre Machtverständnis der Kunstfigur Maxwell Strauß." Die Thematik des absolutistischen Machtdenkens werde im Laufe der Sendung mehrmals aufgegriffen und sei somit Bestandteil der Gesamtdramaturgie.

Helmut Schleich selbst sagt, die gesellschaftliche Debatte über das "Blackfacing" sei ihm bewusst.  "Allerdings handelt es sich um Satire, und als Kabarettist ist es meine Aufgabe, Dinge überspitzt darzustellen. Ich habe mich schon vor längerer Zeit bewusst dafür entschieden, diese Strauß-Parodie so anzulegen. Gerade durch einen erfundenen Sohn Maxwell Strauß zeige ich den Import neokolonialer Strukturen aus dem globalen Norden nach Afrika auf."

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