Seit dem frühen Dienstagabend dominiert die Katastrophe von Beirut die Nachrichten. In der libanesischen Hauptstadt kam es zu mehreren Explosionen, ausgelöst vermutlich durch 2750 Tonnen Ammoniumnitrat, das über Jahre hinweg nicht korrekt gelagert wurde. Auf Videos von Bewohnern der Stadt war unter anderem ein Feuerball sowie eine durch eine Explosion ausgelöste Druckwelle zu sehen. Auf Social Media machten die Bilder und Videos schnell die Runde, aber auch die verschiedenen Nachrichtensendungen im TV griffen sie auf. 

Trotz der Tatsache, dass sich die Katastrophe in Beirut um kurz nach 18 Uhr ereignete, war das nur ein kleines Thema in der "Tagesschau" um 20 Uhr. Und auch in den "Tagesthemen" einige Stunden später wurde das Thema nur im Nachrichtenblock abgehandelt. Stattdessen begannen beide Sendungen mit den neuesten Entwicklungen rund um Corona, bei den "Tagesthemen" mit einem Schwerpunkt auf dem Fußball, wo es bald vielleicht wieder Zuschauer im Stadion geben könnte. 

Die Chefredaktion von ARD-aktuell hat sich nun in einem Blogbeitrag zu Wort gemeldet. Darin schreibt man, dass man in Social Media schnell reagiert und ausführlich berichtet habe. Man hätte das Ereignis aber auch im klassischen Fernsehen besser abbilden müssen, schreibt die Chefredaktion bestehend aus Marcus Bornheim, Helge Fuhst und Juliane Leopold.  "Es war eine journalistische Fehleinschätzung." Bilder seien auch Nachrichten und der Anspruch sei es, die Zuschauer "zu Augenzeugen bei relevanten Ereignissen" zu machen. Im Nachhinein sei es schwierig zu erklären, wieso man das am Dienstag in den Sendungen nicht auch gemacht habe. "Denn es war eigentlich so offensichtlich."


Die ARD-aktuell-Chefredaktion spricht von "marginalen Details, die am Ende zu einer Fehlerkette" geführt hätten. Sowohl das Team von "Tagesschau" als auch der "Tagesthemen" würden sich heute "grämen", weil sie das Ereignis nicht angemessen dargestellt hätten. "Sie können davon ausgehen, dass Redakteurinnen und Redakteure von ARD-aktuell die schärfsten Kritiker ihrer eigenen Produkte sind. So ein Abend wie gestern nagt an unserem Selbstverständnis. Sie schenken uns jeden Abend Ihr Vertrauen und das wollen wir nicht enttäuschen."

Was man am Dienstag verpasst hat, will man nun am heutigen Mittwoch nachholen. Für 20:15 Uhr hat Das Erste einen "Brennpunkt" zu Beirut angekündigt. Der wird vom SWR produziert und von Ute Brucker moderiert. In der 10-minütigen Sondersendung will man sich mit der Katastrophe und den möglichen Auslösern beschäftigen. 

Die ARD war am Dienstag übrigens nicht allein mit der Einschätzung der Nachrichtenlage. Auch die "heute"-Nachrichten des ZDF machten Beirut erst gegen Mitte der Sendung zum Thema - inklusive einer Schalte zu einem Reporter in der Region. Das "heute journal" begann dann ebenfalls mit den neuesten Entwicklungen rund um Stadion-Besuche im Fußball. Auf DWDL.de-Anfrage heißt es aus Mainz, der Korrespondenten-Bericht im "heute journal" sei erst um kurz nach 22 Uhr zu sehen gewesen, weil noch aktuelle Bilder darin einfließen sollten - diese baute man offenbar noch kurzfristig in den Beitrag ein. Auch das ZDF wird am heutigen Mittwoch eine Sondersendung zum Ereignis ins Programm nehmen. Um 19:20 Uhr zeigt man ein "ZDFspezial" mit dem Titel "Katastrophe von Beirut".