Seit fast 50 Jahren wird - mit Unterbrechung - der Bremer Fernsehpreis vergeben, der das Beste im Regionalfernsehen auszeichnet. Auf eine Gala wurde in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie verzichtet, doch verliehen wurden die Auszeichnungen trotzdem. Freuen können sich ausschließlich ARD-Anstalten, auch wenn sich zwischen all den öffentlich-rechtlichen Nominierungen auch ein Bericht vom RTL Hessen Hoffnungen machen konnte, den Bremer Fernsehpreis zu erhalten.

Als "Beste Sendung" wurde die "Aktuelle Stunde" vom WDR ausgezeichnet. Konkret geht es um eine Ausgabe aus dem Juni, in der unter anderem über den schweren sexuellen Missbrauch dreier Jungen in Münster berichtet wurde. Die "Aktuelle Stunde" richte "ihren Blick auf die Opfer und macht diese Herangehensweise auch bei einem zweiten Thema klar: Statt nach dem Tod des Schwarzen George Floyd über dunkelhäutige Menschen im Sendegebiet zu reden, kommen sie selbst zu Wort. Die Aktuelle Stunde ist auch hier nah bei den Betroffenen", heißt es in der Begründung der Jury. "Eine O-Ton-Collage verdeutlicht: Erniedrigungen gehören zu ihrem Alltag. Die Machart der Filme, die Dramaturgie der Sendung und die Moderation verfolgen diese Linie konsequent."

Eva-Maria Lemke © RBB/Thomas Ernst Eva-Maria Lemke
Auch Eva-Maria Lemke, die als beste Moderatorin ausgezeichnet wurde, überzeugte die Jury mit ihrem Umgang bei einem ernsten Thema. Sie habe den beklemmenden Moment, als einem Missbrauchsopfer die Worte fehlen, "ganz souverän" aufgelöst. "Mit starker Mimik und besonnener Wortwahl. Im Interview ist sie ruhig und zugewandt, dem Thema angemessen. Durch die Sendung führt sie äußerst sympathisch und klar, manchmal mit feiner Ironie. Eine lässige Moderatorin, die stets den richtigen Ton trifft."

Insgesamt kann sich RBB ebenso wie WDR, NDR und SWR über je zwei Auszeichnungen mit dem Bremer Fernsehpreis freuen. Der SWR bekam den Preis unter anderem für sein Instagram-Projekt "SWR Heimat", das Geschichten von Menschen aus der Region aufgreife und dabei keine Tabus kenne. "Interaktion wird groß geschrieben, das gemeinsame Lebensgefühl gestärkt. Ein überzeugendes Projekt, das die Möglichkeiten der Plattform voll ausschöpft und auch anstrengende Diskussionen nicht scheut", so die Jury. Einen Sonderpreis gab's auch für das ursprünglich ebenfalls als bestes Digital-Projekt nominierte YouTube-Angebot "Lohnt sich das?".

"Die ausgezeichneten Programme des diesjährigen Bremer Fernsehpreises zeigen die Bandbreite und die Kreativität, die den Regionaljournalismus im deutschsprachigen Raum auch in diesen schwierigen Zeiten auszeichnen und so erfolgreich machen", sagt Radio-Bremen-Intendantin Yvette Gerner. "Bei Diskursverwilderung und Distanz, bei Verunsicherung und Verschwörungsmythen braucht es umfassende, unabhängige und kreative Berichterstattung vor Ort, in den Gemeinden, Landkreisen, Städten, Ländern - und das tun die Gewinnerinnen und Gewinner auf herausragende Art und Weise."

Die Gewinner auf einen Blick

Der einzelne Beitrag vom Tag für den Tag

  • Die Strandgrasnelke, Schleswig-Holstein Magazin, 26.5.2020, NDR, Kiel

Die beste Sendung

  • Aktuelle Stunde, 6.6.2020, WDR, Köln

Die beste Moderatorin – Der beste Moderator

  • Eva-Maria Lemke, Abendschau, 28.01.2020, RBB, Berlin

Die beste Recherche

  • Pflege-WG, Hallo Niedersachsen, 22.12.2019, NDR, Hannover

Worauf wir besonders stolz sind

  • Leben in der Landmannstraße, Folge 1, Lokalzeit aus Köln, 8.4.2020, WDR, Köln

Die gelungenste Zuschauerbeteiligung

  • Sing dela sing, zibb, 16.4.2020, RBB, Berlin

Das beste regionale Digital-Projekt

  • SWR Heimat, regionales Instagram-Projekt, 1.7.2019-30.6.2020, SWR, Stuttgart

Sonderpreise

  • Lohnt sich das?, YouTube-Kanal, 26.3.2020, BR, München
  • zuLAUT, SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, 30.10.2019, SWR, Mainz