Proteste über Arbeitsbedingungen bei der Deutschen Welle? Da war doch mal was. Gedanken, die ein am Donnerstag veröffentlichter Bericht der "Süddeutschen Zeitung" aufbringt, der zunächst noch einmal die gesamte Historie von Vorwürfen einer schwierigen Arbeitsatmosphäre bis hin zu konkreten Schikanen aufarbeitet. Vieles davon ist nicht neu, wurde vor langem schon berichtet. Daraufhin versprach die Führung der Deutschen Welle um Intendant Peter Limbourg auch bereits Aufklärung. Doch es geht auch um aktueller Fälle.



Die Deutsche Welle und ihre internen Probleme sind eine komplexe Geschichte, die sich aus mehreren Faktoren zusammenbraut: Es ging einerseits um indiskutables Fehlverhalten von Einzelpersonen, was auch bereits zu Konsequenzen führte. Darüber hinaus geht es aber auch um Berichte einer schwierigen Atmosphäre im Austausch mit Vorgesetzten, die das Ansprechen von Missständen und damit letztlich die Aufklärung schwer mache. Und dann kam vergangenes Jahr noch ein Tarifstreit zwischen Gewerkschaften und Deutscher Welle auf, in dessen Fahrwasser auch Vorwürfe laut wurden, die ohne Gewissheit mit der Vorsicht einer schmutzigen Verhandlungstaktik zu behandeln sind.

Doch die Tarifverhandlungen kamen letztlich zum Abschluss und eine Aufarbeitung von Missständen wurde begonnen. Scheinbar war alles auf einem guten Weg. Doch die Aufarbeitung ist laut Bericht der "Süddeutschen Zeitung" eher in zynischer Weise als effektiv zu bezeichnen, und ganz und gar nicht im Sinne der Beruhigung. Laut Bericht der "SZ" erhielten drei freie Mitarbeiter der Deutschen Welle Anfang Dezember 2020 Briefe von der Personalabteilung. Da das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerstört sei, werde die Zusammenarbeit beendet.

Laut Angaben der "Süddeutschen Zeitung" seien alle drei zuvor mit kritischen Nachfragen zu Strukturen und Arbeitsklima aufgefallen. Sie hatten so zum Beispiel in Arbeitsgruppen darauf bestanden, dass feste Anlaufstellen nicht nur für Fälle von sexuellem Missbrauch und Belästigung geschaffen werden, sondern auch für Erniedrigungen, psychischen Druck und Drohungen. Die "SZ" stützt sich dabei auf interne Mailverläufe. Ein vierter, festangestellter Journalist sei zwangsversetzt.

In Folge dessen habe es eMails und Petitionen sich solidarisierender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegeben. Die "SZ" zitiert daraus: "Die Entlassungen stehen im eklatanten Widerspruch zu den offiziellen Versprechungen, dass man diejenigen schützen wolle, die ihre Meinung äußern." Während Verdi, jüngst noch in der Auseinandersetzung mit der DW, erneut in einem Brief Vorwürfe an die Anstalt und Intendant Peter Limbourg richtet, sehen der Deutschen Journalistenverband und die Gewerkschaft VRFF die Situation laut "SZ" weniger dramatisch, appelieren an den "Betriebsfrieden" um "das Miteinander zu verbessern." Der DJV lobt sinnvolle Schritte nachdem erstmals Vorwürfe bekannt wurden.

Und was sagt die Deutsche Welle zu den erneuten Vorwürfen? Es gibt wenig überraschend scharfe Kritik an dem Bericht der "Süddeutschen Zeitung", besonders methodisch. Es würden akute Fälle suggeriert, die schon länger aufgearbeitet seien und die auf Anfrage gegebenenen Stellungnahmen der DW seien nicht berücksichtigt. Wörtlich teilt Christoph Jumpelt, Sprecher der Deutschen Welle auf Anfrage mit: "Der Artikel in der SZ verdreht nicht nur Tatsachen, er stellt auch falsche Behauptungen auf. Das hat mit gutem Journalismus wenig zu tun. Wir sind der Bitte um Stellungnahme und Erläuterung ausführlich nachgekommen, doch davon findet sich kaum etwas in dem Artikel wieder."

Weiter erklärt Jumpelt: "Abgesehen davon, dass seit Jahren aufgearbeitete Vorfälle als aktuell dargestellt werden, werden auch die Gründe für die Trennung von drei Mitarbeitenden nicht wahrheitsgetreu wiedergegeben. Es ist mir unerklärlich, dass dieser Artikel trotz der vorliegenden Informationen so veröffentlicht wurde." Auch wenn es im besten Fall nur ein ungutes Gefühl von ungeklärten Situationen ist, das hängen bleibt, scheint die interne Aufarbeitung bei der Deutschen Welle noch nicht abgeschlossen zu sein.