Wie viele Pressekonferenzen seit Ausbruch der Coronavirus-Pandemie übertragen wurden, lässt sich wohl nur schwer sagen. Eine Pressekonferenz, die das Robert-Koch-Institut am Mittwochnachmittag zusammen mit dem Bezirksamt Berlin-Mitte in Form einer Videokonferenz veranstaltete, um über eine neue Antikörper-Studie zu informieren, gehörte zumindest für die "Tagesschau" nicht dazu. Das Bezirksamt untersagte der "Tagesschau" nämlich kurzerhand die Übertragung.

Nach Angaben des Bezirksamts sei eine "Einverständniserklärung aller Teilnehmenden erforderlich" gewesen. Die müssten den Mitschnitt und die anschließende Veröffentlichung einiger Passagen gutheißen. "Dies ist nicht mehr zu bewerkstelligen. Hinzu kämen offene Fragen des Datenschutzes sowie womöglich auch des Urheberrechts, die das RKI als Urheberin der präsentierten Studiendaten primär prüfen und beantworten müsste", erklärte die Behörde und verwies auf die "allen interessierten Medienvertretenden angebotene Form der Teilnahme an der Videokonferenz".

Die "Tagesschau" hält das Thema dagegen "von überragender politischer und gesellschaftlicher Bedeutung" und verweist darauf, dass die Teilnehmenden der Pressekonferenz, darunter RKI-Präsident Lothar Wieler und der Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel, öffentliche Ämter bekleiden. Darüber müsse die Presse "ohne Einschränkung" berichten.

"Die Corona-Pandemie betrifft alle Lebensbereiche. Wir wollen und müssen die Menschen darüber so gut wie möglich informieren und sie dabei unterstützen, sich selbst ein Bild zu machen", erklärte Juliane Leopold, Digital-Chefredakteurin der "Tagesschau". "Wir finden einen Präzedenzfall gefährlich, Livestreaming einer Pressekonferenz zur Corona-Lage zu verhindern." Leopold erhält Unterstützung vom Deutschen Journalistenverband (DJV), der darauf verwies, dass es "keinen einzigen nachvollziehbaren Grund" gebe, die Pressekonferenz nicht live zu übertragen. Die Behörde mache sich lächerlich. 

"Eine Pressekonferenz ist nicht ein privater Plausch, der Außenstehende nichts angeht", sagte DJV-Sprecher Hendrik Zörner auf "Tagesschau"-Anfrage. "Und außerdem ist die Corona-Pandemie das seit Monaten wichtigste Thema für die Menschen, über das Medien berichten wollen und müssen. Mit diesem Vorgehen befeuert man geradezu Verschwörungsideologien, die behaupten, da werde hinter verschlossenen Türen gekungelt."

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