Vor dem Hintergrund der #allesdichtmachen-Debatte trendete am Sonntagabend bei Twitter der Hashtag #TatortBoykott, schließlich zählte Schauspieler Jan Josef Liefers zum Kreis der Unterstützenden der umstrittenen Kampagne. Der angekündigte Boykott war jedoch nicht gerade erfolgreich, wie am Morgen danach der Blick auf die Quote verrät: Mehr als 14 Millionen Zuschauer zählte die neue Folge des Münster-"Tatorts" und damit so viele wie seit mehreren Jahren nicht mehr (DWDL.de berichtete).

Nicht zu sehen bekamen die zahlreichen Krimi-Fans den echten Rechtsmediziner Dr. Michael Tsokos - und das, obwohl dieser für die Folge sogar vor der Kamera stand. "Wo fängt Zensur an?", fragte Tsokos daher am Wochenende auf Instagram mit Blick auf die Entscheidung des WDR, seine Szene aus dem Film offenkundig weitgehend herauszuschneiden. "Ok, es war keine hohe Schauspielkunst und nicht vergleichbar mit den Hauptdarstellern des Münsteraner Tatorts", schrieb Tsokos, doch das sei gar nicht der Grund.

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Der Grund sei, dass er "nicht fürs öffentlich-rechtliche Fernsehen tauge", da er zusammen mit Liefers auch beim RTL-Streamingdienst TVNow zu sehen ist. Tsokos: "Gerade in einer Zeit wie heute, in der potentielle Meinungsmache öffentlich-rechtlicher Sender immer wieder hinterfragt wird (und auch hinterfragt werden muss!), damit die GEZ-finanzierten Sender nicht endgültig zu einer Art Staatsfernsehen verkommen - was wir bekanntlich schon einmal in einem deutschen Staat hatten - halte ich so ein Agieren für gefährlich. Brandgefährlich, da es zeigt, wie wet es schon gekommen ist."

Ob die Entscheidung Ausdruck von Zensur ist, darf bezweifelt werden. Unglücklich ist die gestrichene Szene für den WDR jedoch allemal. Der Sender selbst bestätigte indes, dass die Entscheidung mit Blick auf die TVNow-Reihe "Obduktion" gestrichen wurde. "Lange nach dem Ende der Dreharbeiten für den Münsteraner Tatort 'Rhythm and Love' haben wir durch Zufall erfahren, dass Sie und Jan Josef Liefers für den RTL-Streamingdienst TVNow in einer gemeinsamen Serie auftreten, die das gleiche Umfeld zeigt wie der Münsteraner Tatort", schrieb der Sender in Form eines Postings an Tsokos. "Da wir keine Werbung für TVNow machen wollen und dürfen, haben wir die Szene entsprechend gekürzt."

Dass RTL mit der seiner Doku-Reihe ein Stück vom "Tatort"-Erfolg abhaben möchte, dürfte auf der Hand liegen. Zugleich legt die Entscheidung des WDR offen, wie groß die Sorge vor der Streaming-Konkurrenz mittlerweile zu sein scheint. In dieses Bild passt auch der Auftritt von Carolin Kebekus, die in der WDR-Talkshow "Kölner Treff" jüngst von ihrer Teilnahme an der Amazon-Comedy "LOL" erzählte, ohne jedoch Amazon zu nennen. Moderator Micky Beisenherz sprach bloß von einem "konkurrierenden Streamingdienst". Das mag Ausdruck der Hasenfüßigkeit des WDR sein - in diesem Zusammenhang gleich von Zensur zu sprechen, wird der Sache jedoch sicher nicht gerecht.

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