Als im März vergangenen Jahres die Corona-Pandemie samt Lockdown Deutschland erreichte, standen aufgrund der behördlichen Vorgaben auch in der TV-Branche binnen weniger Tage viele Produktionen still oder konnten nur noch in reduzierter Form fortgeführt werden. Ohne Handel, Tourismus und Gastronomie spürten wenig später auch die Sender unmittelbare finanzielle Konsequenzen aufgrund stornierter Werbebuchungen, was gerade bei den Privatsendern zunächst zu nochmal weniger Produktionsaufträgen führte. 

Die Auswirkungen schlugen sich auch schnell auf zehntausende Beschäftigte in der TV-Branche nieder: Kündigungen oder Kurzarbeit für Angestellte vielerorts sowie weniger oder gar keine Aufträge mehr für Freie. Es waren die ersten Wochen der Pandemie in Deutschland und die damalige Unsicherheit über Ausmaß und Dauer der Krise lähmte diese Branche wie so viele andere. Entsprechend sank auch der Bedarf nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Nimmt man den Personalbedarf als Indikator für Krise und Erholung, dann kann DWDL.jobs als größte Stellenbörse der deutschen TV-Wirtschaft eine spannende Geschichte über die vergangenen 15 Monate erzählen und als Seismograph für die Stimmung dienen. Nicht in absoluten Zahlen - denn, was sagen 520 Stellanzeigen von mehr als 130 Unternehmen an sich schon aus? Auf diesem Level bewegte sich die Verfügbarkeit neuer beruflicher Möglichkeiten im März vergangenen Jahres - bevor die Corona-Pandemie Deutschland erreichte.

Tiefpunkt kam zwei Wochen nach Ostern

Zwar wurden unmittelbar Produktionen gestoppt, doch in der Hoffnung auf zeitlich begrenzte Maßnahmen bis maximal Ostern blieb die Nachfrage nach neuen Mitarbeitenden zunächst noch unverändert hoch. Es war die Erwartung baldiger Normalität. Da wollte man keine Zeit verlieren. Als dann aber klar wurde, dass Ostern mitnichten ein Ende der Maßnahmen bedeutet und die Bewältigung der Corona-Pandemie keine Angelegenheit weniger Wochen bleiben würde, folgte ab Anfang April der Einbruch.

Dreharbeiten Corona © imago / Steffen Junghans
Immer weniger laufende Produktionen, dazu die Sorge um die wirtschaftliche Gesamtsituation. Von mehr als 520 Stellenanzeigen Mitte März rauschte der via DWDL.jobs ablesbare Personalbedarf der Branche massiv ab - auf nur noch 150 veröffentlichte Stellen. Ende April war der Tiefpunkt erreicht. Im Öffnungsmonat Mai, mit inzwischen vorliegenden Hygiene-Konzepten und der beinahe naiven Zuversicht, das Schlimmste weitgehend überstanden zu haben, zog die Nachfrage nach neuem Personal im Juni 2020 langsam wieder an.

Die Erholung blieb allerdings zaghaft. Am 10. Juni waren erst erstmals wieder mehr als 200 Jobangebote, erst im Spätsommer 2020 aber wurde die Marke von 300 wieder geknackt. Ende Oktober, kurz bevor der Lockdown Light einsetzte, der letztlich später bis in den Mai 2021 verlängert und verschärft wurde, hatte die Nachfrage nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern via DWDL.jobs wieder auf 350 Stellenanzeigen zugenommen. Zum Verständnis: Alle Anzeigen laufen nur für vier Wochen, werden dann deaktiviert, wenn nicht aktiv verlängert. Das macht die Anzahl der aktuell veröffentlichten Gesuche zu einem zeitgenauen Indikator.

Im Winter 20/21 blieb die Nachfrage stabil

Trotz des harten Lockdowns in den ersten Monaten 2021 blieb die Personal-Nachfrage der Branche diesmal allerdings stabil - und das hatte zwei Gründe: Einerseits lagen diesmal schon erprobte Hygiene-Konzepte aus dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 vor, die dafür sorgten, dass Produktionen trotz Einschränkungen fortgeführt werden konnten. Andererseits erlebten die privaten Fernsehsender im 4. Quartal 2020 einen unerwartet kräftigen Aufschwung bei den Werbeeinnahmen, was in Zuversicht und Investitionen bzw. Aufträgen mündete.

Mitte März, also genau ein Jahr nachdem die Corona-Pandemie Deutschland erreicht hatte, waren es erstmals wieder mehr als 400 offene Stellen, die bei DWDL.jobs inseriert wurden. Bis Ende Mai dauert es dann, bis erstmals wieder kurzzeitig die 500er Marke überschritten wurde und seit der ersten Juni-Woche ist liegt die Nachfrage nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht nur auf dem Niveau vor der Corona-Krise - sondern deutlich darüber. Gut für alle, die einen Job in der Branche suchen.

Doch die Rückkehr zur Personalsituation aus Vor-Corona-Zeiten bedeutet auch eine Rückkehr altbekannter Probleme: Die Branche spürt wieder die fehlenden Ausbildungsmöglichkeiten gerade im Bereich der non-fiktionalen Fernsehproduktion. Zu lange hatte man sich in vielen Genres letztlich auf Quereinsteiger und Learning-by-doing in den Produktionsfirmen verlassen. Mit geringer gewordenen Margen verschärften sich die Möglichkeiten für Produktionshäuser jedoch, noch selbst aus- bzw. weiterzubilden.

Und auch im Fiktionalen wird aufgrund der Vielzahl von Produktionen durch den Serien- und Streaming-Boom händeringend Personal gesucht. Dazu kommen zahlreiche neue Inhalte-Anbieter sowie neue Produktionseinheits im Dokumentarischen. Einzelne Gewerke sind nur schwer zu besetzen, klagten mehrere Marktteilnehmer in den vergangenen Tagen im Gespräch mit DWDL.de. Verfügbare Kräfte sind knapp - kurzfristig aber auch mit Blick auf den strategischen Aufbau neuer Teams. Umso wichtiger werden neu startenden Ausbildungsangebote und Studiengänge, die neben dem schon lange geförderten fiktionalen Produktionsgeschäft auch Qualitätsstandards für non-fiktionale TV-Produktion abseits des Journalistischen setzen. 

Dieser wichtigen Debatte über die Aus- und Weiterbildung sowie Talentförderung in der Branche, wird DWDL.de im Herbst erneut einen Schwerpunkt widmen. Aber die Herausforderungen sollen nicht die grundsätzliche, erfreuliche Erkenntnis schmälern: Die TV-Branche in ihrer großen Bandbreite an Beschäftigungsmöglichkeiten erholt sich seit einigen Wochen deutlich - und zwar nicht bezogen auf Werbegelder, Umsätze und Ergebnisse, sondern ganz konkret gemessen an Jobperspektiven.

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