Wenn ProSiebenSat.1-Boss Rainer Beaujean in der Vergangenheit Interviews gegeben hat, musste er sich auch meist zu den möglichen Plänen von Mediaset äußern. Die sind beim Münchner Medienkonzern bekanntlich investiert und würden gerne eine europäische Fernsehallianz schmieden, dagegen sträubt man sich aber nicht zuletzt in Unterföhring. Auch im aktuellen "Spiegel"-Interview ist Mediaset wieder Thema. 

Erneut heißt es von dem Thema von Beaujean, dass Mediaset nach wie vor nicht auf ihn zugekommen sei und erklärt habe, was nun eigentlich genau die Idee sei. "Ich kann nur sagen: Für das, was wir machen, brauche ich Europa nicht", so Beaujean, der betont, der Fokus des Unternehmens liege auf dem DACH-Raum. Beaujean empfindet es aber als "Kompliment, dass dieser Medienkonzern (Mediaset, Anm.) lieber 600 Millionen Euro in ein deutsches Unternehmen steckt als in seine eigenen Sender in Italien und Spanien".

Beaujean spricht in dem Interview aber auch über die jüngste Informationsoffensive im Medienkonzern. Auf Aussage der "Spiegel"-Journalisten, dass man vermutlich viel Geld in die Hand genommen habe, um Linda Zervakis "von der seriösen ‘Tagesschau’ zum Unterhaltungssender ProSieben’ zu locken", antwortet der Vorstandssprecher: "Es geht nicht immer um Geld". Menschen würden zum Unternehmen wechseln, weil man ihnen Möglichkeiten biete, die sie woanders nicht bekämen. Dennoch sagt Beaujean auch, dass man noch keine ausreichend große Redaktion habe, um "aus dem Stand eine mehrstündige Sondersendung" machen zu können. 

Wie lange hält die Info-Offensive? 

In dem Interview konfrontieren die "Spiegel"-Journalisten Beaujean auch mit einer von Sat.1 angekündigten Info-Offensive aus dem Jahr 1999, die jedoch schnell wieder versandete. Es falle ihm schwer, die damaligen Strategien zu beurteilen, er sei schließlich erst seit zwei Jahren im Unternehmen. "Aus heutiger Sicht ist das der richtige Ansatz. Wenn ich mir Statistiken anschaue [...] dann ist auffällig, wie wichtig und relevant Nachrichtensendungen und Info-Angebote im vergangenen Jahr geworden sind." Bislang ist es aber ein Problem, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer solche Programme nicht unbedingt bei Sat.1 gesucht haben. Als es um den schlechten Marktanteil der jüngst ausgestrahlten Merkel-Doku geht, spricht Beaujean lieber von der inhaltlichen Qualität des Films. "Da geht es nicht nur um Marktanteile, sondern vor allem um Relevanz."

Tatsächlich wird es wohl entscheidend sein, bei der nun angestoßenen Info-Offensive einen langen Atem zu haben. Auf die Frage, wie viele Sendungen mit schlechten Quoten man sich leisten könne, sagt der ProSiebenSat.1-Chef: "Solche Formate wird es immer wieder geben, wir haben ja diesen Anspruch als Unternehmen."

Keine Fiction auf Netflix-Niveau

Eigenproduzierten Fiction-Inhalten auf Netflix-Niveau erteilt Beaujean dagegen eine Absage. "Wir werden nicht in Konkurrenz zu 'The Crown' treten, weil ich es mir nicht leisten kann, eine Serie zu produzieren, die pro Folge mehrere Millionen Euro kostet. Das lässt sich unmöglich refinanzieren." Das will er aber nicht als Kapitulation verstanden wissen, man wisse eben nur, worauf man den Fokus lege. 

Und dann äußert sich Beaujean im "Spiegel" auch noch zur möglichen Fusion von Mediengruppe RTL und Gruner + Jahr. Hier kann er sich einen Seitenhieb nicht verkneifen. Es sei nicht seine Aufgabe, die Strategie von RTL bewerten, sagt er zwar, nur um dann hinterherzuschieben: "Es ist nicht die Entscheidung, die wir treffen würden. Ich möchte keine Zeitungen kaufen, diese Strategie passt nicht zu uns."