Vor rund eineinhalb Wochen kündigte Apple neue Maßnahmen im Kampf gegen Kinderpornografie an. Demnach sollen künftig nicht nur Bilder, die in die Cloud und somit auf Server des Konzerns hochgeladen werden auf kinderpornografische Inhalte durchsucht werden, sondern auch nur lokal auf iPhones gespeicherte Fotos. Technisch soll das so aussehen, dass zum Abgleich eine Datenbank mit bereits bekannte kinderpornografischen Inhalten von Apple angelegt wird. Diese müssen von mindestens zwei Kinderschutzorganisationen aus verschiedenen Ländern dort eingebracht werden. Auf die Geräte wird eine Datei mit sogenannten "Hashes" geladen, die dann mit den lokal gespeicherten Fotos abgeglichen werden. Es gehe also nicht darum, den Inhalt aller vorhandenen Bilder zu analysieren. Das System soll erst bei 30 Übereinstimmungen Alarm schlagen.
Auch wenn die Maßnahme zunächst auf die USA beschränkt bleiben soll, stimmen nun auch Journalistinnen und Journalisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in die Kritik daran ein und sehen darin einen Verstoß gegen die Pressefreiheit. In einem gemeinsamen Appell fordert die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse aus Deutschland, der ORF-Redakteursrat, die Schweizer Mediengewerkschaft SSM sowie der DJV und die Fachgruppe Medien in ver.di die EU-Kommission und die österreichischen und deutschen Bundesinnenminister sowie die Datenschutzbeauftragten auf, gegen diese Pläne vorzugehen.
Auch wenn es zunächst um die Entdeckung kinderpornografische Bilder gehe, sei es "tatsächlich auch ein Hilfsmittel, mit dem ein Unternehmen auf andere Daten von Nutzern auf deren eigenen Geräten zugreifen will, wie etwa Kontakte und vertrauliche Dokumente", fürchtet Hubert Krech, Sprecher der öffentlich- rechtlichen Redakteursvereinigung AGRA. Dies sei eine Gefahr für den Journalismus und ein eindeutiger Verstoß gegen die europäische Datenschutzgrundverordnung DSGVO, gegen die e-Privacy-Richtlinie und gegen Grundrechte.
Frank Überall, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) hält die Apple-Pläne nur für den ersten Schritt. "Werden dann irgendwann per Algorithmus Bilder oder Videos von Regimegegnern überprüft oder Nutzerdaten?" Dieter Bornemann, Sprecher des ORF-Redakteursrats, befürchtet, dass in einem weiteren Schritt "zum Beispiel die ungarische Orban-Regierung auf diese Weise Bilder der LGBT-Gemeinschaft kontrollieren lassen könnte". Auch in der Türkei sei eine umfassende Kontrolle denkbar oder in totalitären Staaten.
Dass Apple dies vorerst nur in den USA plane, so Manfred Kloiber, der Bundesvorsitzende der Fachgruppe Medien in ver.di, spiele keine Rolle. Die meisten europäischen Medien hätten Korrespondenten in den USA und diese hätten Kontaktpersonen dort. Insofern seien sehr wohl europäische Nutzer betroffen. Was in den USA beginne, werde sicher auch in Europa folgen. "Alle Journalisten haben vertrauliche Inhalte auf ihren Smartphones", so Ex-USA-Korrespondentin Priscilla Imboden von der Schweizer Mediengewerkschaft SSM, "es kann nicht sein, dass hier ein amerikanisches Privatunternehmen über die Zulässigkeit von Inhalten urteilen und diese auch noch einsehen und weiterleiten will." Auch investigative Recherchen würden dadurch erschwert.