Dass "Let's Dance" hierzulande nicht mehr bei RTL am Freitagabend, sondern auf dem gleichen Sendeplatz und weiterhin live ausschließlich bei RTL+ zu sehen sein würde, ist ein aktuell schwer vorstellbares Szenario. Genau das geschieht nun aber mit dem US-Pendant. Disney gab zum Ende der Woche bekannt, dass man zwei weitere Staffeln von "Dancing with the Stars" bestellt hat, das wie das deutsche "Let's Dance" auf dem britischen Vorbild "Strictly Come Dancing" basiert. Doch die Staffeln 31 und 32 werden nicht mehr beim frei empfangbaren Network ABC laufen, sondern stattdessen nur beim Streamingdienst Disney+.

"Dancing with the Stars" war seit der Premiere im Jahr 2005 durchgehend fester Bestandteil im ABC-Programm und lief dort lange sogar mit zwei Staffeln im Jahr, und das teils sogar gleich zwei Abende die Woche. Zuletzt war die Dosis zwar reduziert worden, doch auch im vergangenen Jahr war "Dancing with the Stars" noch wie gewohnt montags zu sehen. Und trotz über die Jahre gesunkener Quoten ist es in dieser Saison nach "American Idol" noch immer das zweitmeistgesehene Format von ABC, klar vor allen fiktionalen Serien.

Das ist auch das eigentlich überraschende an dem Schritt: Shows und insbesondere Live-Formate gelten eigentlich als das, was im linearen TV noch vergleichsweise gut funktioniert, während sich die Nutzung fiktionaler Produktionen in den USA noch stärker als hierzulande und überwiegend längst in Richtung Streaming und zeitversetzter Nutzung verschoben hat. Bei Serien hat man es daher schon ein paar Mal gesehen, dass aus dem linearen TV bekannte Serien beim konzerneigenen Streaming-Dienst fortgesetzt wurden - "SEAL Team" oder "Evil" sind Beispiele dafür. Andere Serien wurden nach der Absetzung im linearen TV von konzernfremden Streamern gerettet, beispielsweise "Lucifer" oder "Manifest".

Das Kalkül ist bei "Dancing with the Stars" das Gleiche wie bei den verschobenen Serien: Der hohe Bekanntheitsgrad dieser aus der linearen Zeit bekannten Marken soll den Streaming-Angeboten neue Abonnentinnen und Abonnenten bescheren - die haben es angesichts des Überflusses an Serien und auch an Streaming-Diensten immer schwerer, mit ihren Produktionen durchzudringen. Dass man eine solch altegediente und lineare noch immer stark laufende Show nun nur noch im Streaming-Dienst zeigen will - was in jedem Fall für sinkende Reichweiten sorgen dürfte - ist trotzdem erstaunlich. Bei Disney+ erhofft man sich aber, auch ein neues, jüngeres Publikum zu erreichen, das bei ABC nicht mehr eingeschaltet hatte - tatsächlich gehörte das Format schon lange zu den Ältesten unter den ABC-Sendungen.

Bei Disney begründet man den Schritt außerdem auch damit, dass man künftig Übertragungsrechte für einzelne Football-Spiele am Montagabend besitzt, die man dann auch bei ABC auswerten will - damit wäre eine durchgehende Strecke für "Dancing with the Stars" auf dem gewohnten Sendeplatz nicht mehr möglich gewesen. Ein Umzug auf einen anderen Sendeplatz wäre freilich trotzdem ebenso möglich gewesen, wie ein Pausieren der Staffel in einzelnen Wochen. Neben dem Football will ABC den frei werdenden Platz nun für die Entwicklung neuer Formate nutzen. Insbesondere im Bereich der non-fiktionalen Unterhaltung werde man das Angebot deutlich ausbauen.