"Wenn wir ins europäische und amerikanische Ausland schauen, gibt es - mit Ausnahme unserer Kollegen bei RTL Nederland - kein anderes Beispiel dafür, dass eine Free-TV-Gruppe sich so konsequent dazu entschieden hat, ins Streaming-Geschäft einzusteigen", erklärt Henning Tewes, der nicht nur fast alle linearen Sender der Gruppe verantwortet, sondern auch die Inhalte von RTL+, im Interview mit "Blickpunkt Film". Dabei sieht man bei RTL den großen Vorteil im Vergleich zur Konkurrenz ja bekanntlich im Zusammenspiel zwischen dem Streaming-Dienst und den linearen Sendern, was eine kombinierte Auswertung der Produktionen ermöglicht.

Das ist auch der Grund dafür, dass RTL Deutschland die Fiction-Produktion zuletzt wieder enorm hochgefahren hat. Die Erfolgsbilanz fällt bislang allerdings ziemlich durchwachsen aus: Für RTL+ gibt RTL keine Abruf-Zahlen heraus, bei der linearen Auswertung im Free-TV waren die Quoten aber in den allermeisten Fällen sehr ernüchternd, von "Sisi" mal abgesehen, das zumindest ordentlich lief. Henning Tewes gibt sich im Interview trotz diverser Fehlschläge aber gelassen.

"Hier brauchen wir ein wenig Geduld. Wir wollen dem Publikum signalisieren, dass es bei RTL+ und auch bei unseren TV-Sendern außergewöhnliche und spannende deutsche Fiction gibt. Diese Positionierung hatten wir in den vergangenen Jahren nur punktuell, wir brauchen da ein wenig Zeit", so der RTL-Chef.

Der Erfolg blieb bei RTL zuletzt aber auch aus, als man versuchte, das Erfolgsrezept der Öffentlich-Rechtlichen zu kopieren und neue Reihen in Spielfilm-Länge zu etablieren. Auch hier setzt Tewes auf den Faktor Geduld und sagt: "Wir müssen das Publikum bei RTL erst an die regelmäßige Ausstrahlung von Neunzigminütern gewöhnen." Tewes räumt ein, dass man mit den Marktanteilen von "Balko: Teneriffa" und "Einsatz in den Alpen" "nicht zufrieden" sei - 5,1 und 5,6 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen lassen sich auch nur schwer schönreden. Trotzdem wird nun eine zweite "Balko"-Folge gedreht, bei "Einsatz in den Alpen" ist noch keine Entschiedung gefallen. Inhaltlich sei man mit beiden Projekten aber "sehr zufrieden" gewesen.

Und generell sei man "nach wie vor der Auffassung, dass wir mit diesem Format erfolgreich sein können und beauftragen gezielt weiter". Der Frage, wie lang der so häufig beschworene "lange Atem" letztlich sei, weicht Tewes aus und sagt lediglich: "Unser Fernsehmacher-Riecher sagt uns, dass hier Potenzial liegt." Heben will man das etwa mit der angekündigten Krimireihe "Miss Merkel". Tewes: "Das zeigt, dass wir auch bei den Krimis eine gewisse Bandbreite an den Tag legen wollen, um schließlich beurteilen zu können, was weitergeht und wie wir die Sendeplätze bestücken."

Mehr zum Thema